Ja, auch ich war in Wien! Ja, auch ich habe demonstriert! Ja, auch ich habe mich mit tausenden Menschen dagegen gewehrt, dass sich die Träger (ich verzichte hier bewusst auf die geschlechtsneutrale Form) rechtsextremen Gedankenguts in dem wohl repräsentativsten Gebäude Österreichs zum Tanze treffen dürfen, können und wollen. Interessantes zu Korporierten findet ihr hier, besonders der Aufsatz „korporierte Legenden“ von Heribert Schiedel ist sehr aufschlussreich (Link )
Während man heute wieder einmal nur von Gewalt, Zerstörung und Verletzten liest und hört, übersieht man, auch wie immer, dass der Großteil der Proteste friedlich, bunt und laut war. Soweit man im Winter eben von bunt reden kann (wieso eigentlich sind fast alle warmen Kleidungsstücke immer so dunkel???). Ich war im OGR Demo-Zug, der sich von der Unirampe zum Stephansdom bewegte, und habe das, trotz der ernsten Thematik, eher als einen gemütlichen Abendspaziergang durch Wien empfunden.
Nachdem der „offizielle“ Teil beendet war, ging ich mit der Bezugsgruppe „Vegane Currywurst/Frösche“ Richtung Ring, glaub ich zumindest. Die WienerInnen unter den LeserInnen mögen mir verzeihen, wenn ich die Örtlichkeiten nicht richtig benenne, ich bin ja kein Eingeborener. Und ja, wir haben die Zufahrt eines Taxis zur Hofburg durch eine Sitzblockade verhindert! Ja, wir haben uns köstlich amüsiert als sich die Polizei quasi selbst gekesselt hat! Ja, wir haben uns fast in die Hose gemacht vor Lachen, als ein etwas unbeweglicherer Beamter an der Spitze eines Gusseisenzaunes an einer etwas unangenehmen Stelle hängengeblieben ist, leider hab ich meine Kamera nicht schnell genug aus der Jacke bekommen. Anzumerken wäre noch, dass einige aus unserer Gruppe aufgrund ihrer nicht mehr ganz gegebenen Jugend- und Beweglichkeit die Sitzblockade in ein Wartehüttchen der Wiener Linien verlegte.
Warum einige Übermotivierte der Meinung sind, Schaufenster einschlagen gehöre zum guten Ton, oder Blumenstöcke umschmeißen, entzieht sich meiner Kenntnis. Warum einige Übermotivierte der Meinung sind, auf ein bereits blockiertes Taxi auch noch Steine schmeißen zu müssen, entzieht sich ebenfalls meiner Kenntnis. Glücklicherweise hat einer aus unserer Bezugsgruppe den jungen Herrn dann von der Intelligenzbefreitheit seines Ansinnens überzeugen können.
Ganz erschlossen hat sich mir auch die Taktik der Polizei noch nicht, eine Sperrzone in der Größe Eisenstadts zu errichten, die von den paar Einsatzkräften unmöglich zu halten war, verschärftes Vermummungsverbot zu verordnen und tatenlos zuzusehen, wenn der Black Block „arbeitet“, aber dann eine offensichtlich harmlose Gruppe kesselt, deren Personalien aufnimmt und ein Beamter einem Aktivisten schulterzuckend erklärt: „ich weiß eh, ihr seid die Falschen!“
Sinn des Protestes ist es, diesen unsäglichen Ball an diesem Ort unmöglich zu machen. Sinn des Protestes ist es, diesen unsäglichen Ball vielleicht sogar eines Tages gänzlich unmöglich zu machen. Und die Demonstrationen der letzten Jahre zeigen bereits Wirkung, der Ball war so schlecht besucht wie noch nie.
Was aber in der ganzen Berichterstattung immer vergessen wird, ist der schlampige Umgang des offiziellen Österreichs mit dem Rechtsextremismus. Da wird ein Alter Herr der Olympia schon mal dritter Nationalratspräsident, da werden Hakenkreuzschmierereien schon mal als Lausbubenstreiche abgetan und ein organisierter Angriff von Rechtsextremen auf das Ernst Kirchweger Haus als Hooliganattacke ohne politischen Hintergrund verharmlost. Deswegen gehe ich auf die Straße! Und ich werde auch am achten Februar in Linz auf die Straße gehen, um gegen den Burschenbundball meine Stimme zu erheben!