Mittwoch, 7. Januar 2015

Pegida und andere seltsame Verbindungen

Pegida gibt vor, eine “Bewegung besorgter Bürger gegen die Islamisierung Europas” zu sein. De facto handelt es sich aber im wesentlichen um einen Zusammenschluss verschiedenster Interessensgruppen und Organisationen. Auf der einen Seite haben wir aus rechtsradikalen “Bürgerrechtsbewegungen” entstammenden Demonstranten, auf der anderen Seite bereits etablierte Gruppierungen wie die NPD und die AfD in Deutschland, die FPÖ in Österreich, die Identitäre Bewegung, und natürlich mittendrin ein Sammelsurium aus Hetze, eigenartig aufbereiteten Medienberichten - und eine mediale Berichterstattung, auf die so gut wie jeder aufspringt. Waren es vor wenigen Monaten die “Hooligans gegen Salafisten”, die in Hamburg eine Großdemo aufzogen, so ist es nun die Welle von “Pediga” - “Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes”.

Wir haben uns in diesem Artikel die Seite “Pegida Tirol” mal etwas genauer angesehen.

Am 27.12.2014 wurde von diversen Rechtsradikalen das Foto einer Dänin verbreitet, die durch mehrere Personen schwer zugerichtet wurde. Da gibt es (auch wenn die Quelle denkbar dubios ist) natürlich nichts zu beschönigen - die Kommentare darunter fallen allerdings in Österreich selbst unter das Strafgesetz.

Screenshot / (C) Facebook Inc

Da wurde z.B. gefordert, die Täter in die “Kammer” zu schicken. Welche Kammer dabei gemeint ist, kann man sich denken. Die Wirtschaftskammer wird es wahrscheinlich eher nicht sein.



Screenshot / (C) Facebook Inc.

Auch dürfen die einschlägigen Aufforderungen zur Selbstjustiz natürlich nicht fehlen.


Screenshot / (C) Facebook Inc.
Screenshot / (C) Facebook Inc.
            Screenshot / (C) Facebook Inc.

In einem anderen Posting wurde ein Artikel der Zeitschrift “Focus” geteilt, in dem der umstrittene Berliner Oberstaatsanwalt Hausmann interviewt wurde. In diesem Artikel wird zwar gelegentlich differenziert, allerdings kann man trotzdem einen massiv ausländerfeindlichen Grundtenor herauslesen.
Screenshot / (C) Facebook Inc

Auch dort können es die Fans von “Pegida Tirol” nicht lassen, auch gleich zum Genozid aufzurufen.


Screenshot / (C) Facebook Inc.
Screenshot / (C) Facebook Inc.

In einem weiteren Posting wird ein Interview mit dem deutschen Grünen-Vorsitzenden Cem Özdemir geteilt und kommentiert. Wenn man sich den Artikel komplett durchliest, bekommt man auch einen relativ guten Einblick darüber, wie Pegida von deutschen Politikern gesehen wird [Link]

Screenshot / (C) Facebook Inc


Interessanterweise hält sich immer noch hartnäckig das Gerücht, dass Grüne eine Ansammlung von Pädophilen sei. An dieser Stelle sollten wir darauf verweisen, dass auf dem PC der FPÖ Linz bei einer Hausdurchsuchung kinderpornografische Inhalte gefunden wurden. Das Verfahren wurde aber, nachdem die Fotos keiner einzelnen Person zugewiesen werden konnten, eingestellt. [Link]


Screenshot / (C) Facebook Inc.
Screenshot / (C) Facebook Inc.

Wie wird Pegdia von der FPÖ beworben

Natürlich macht die FPÖ Werbung für die “Pegida”. Warum? Weil sich die Inhalte in einigen Bereichen decken und dadurch - so wird gehofft - zahlreiche neue Mitläufer gewonnen werden können.. 



Screenshot / (C) Facebook Inc

Screenshot / (C) Facebook Inc

Im SPIEGEL wurde das “Positionspapier” von “Pegida” übrigens recht gut analysiert. [Link]

Jedoch werden nicht nur Inhalte geteilt, sondern auch munter Seiteneinladungen versandt. So hat zum Beispiel Hildegard Schwaiger, FPÖ Landtagsabgeordnete in Tirol folgende Einladung versandt:


Screenshot / (C) Facebook Inc

Wir haben bei ihr nachgefragt, allerdings hat Sie auch nach 3 Tagen nicht geantwortet:




Ob Sie somit auch mit den Inhalten der Seite konform geht - schließlich muss dafür, dass die Seite aktiv beworben wird ja manuell ein klick durchgeführt werden - bleibt als Frage im Raum stehen.

Was hat es mit Pegida so auf sich?

Was besonders spannend ist, ist die Tatsache, dass die Seite “Pegida Tirol” einen kleinen Überhang bei den deutschen Fans gegenüber den österreichischen Fans hat. Kein Wunder, die Seiten werden in rechtsradikalen Netzwerken aktiv beworben, und somit kommen auch die “Solidaritäts-Likes” auch aus diesem Land.

Das bedeutet, dass die eigentlichen österreichischen Unterstützer anstatt der 1.428 Likes eigentlich nur 376 Likes ausmachen. Wie viele Likes der Pegida Tirol davon noch auf andere Bundesländer fallen, lässt sich allerdings nicht wirklich eruieren.








Aber auch bei anderen Pegida-Seiten schaut es nicht anders aus. So zum Beispiel “Pegida Österreich”. Bei denen bleiben von den 6.223 Likes auch nur mehr 2.669 österreichische Likes übrig.







Wie wird das Thema von Pegida gepusht?

Nun noch ein skurriles Detail am Rande. Es gibt eine Seite “Patriotische Europäer für die Islamisierung des Abendlandes”. Diese wird nicht wie angenommen von Muslimen oder gar den “verhassten” Linken betrieben, sondern von Personen aus der rechten Reichshälfte Deutschlands. In der Freundesliste des Admins finden sich aber auch haufenweise Mitglieder der Identitären Bewegung wie Martin Sellner und unter den Likes auch so manch erstaunliche österreichische Möchtegern-Onlineplattform.


Screenshot / (C) Facebook Inc


Es ergeben sich nun ein paar Fragen:

  • Wenn Pegida nichts mit Rechtsradikalen zu tun haben möchte, sondern angeblich nur unser schönes Abendland vor der Islamisierung beschützen möchte - warum lassen sie dann Rechtsradikale munter Straftaten auf ihrer Seite begehen?
  • Warum bewirbt die FPÖ eine Bewegung, deren “Führungspersonen” sie nicht kontrollieren oder steuern können? Das ist nämlich so lange hochriskant, so lange man nicht selbst dahinter steht und gegebenenfalls auch die Folgen mittragen kann.
Montag, 5. Januar 2015

Sie kleiden sich seltsam und haben eigenwillige Gebräuche…

Nein, die Rede ist nicht von Star Wars Nerds, Blues Brothers Fans oder etwa den Sternsingern. Die Rede ist von Burschenschaftern. Deutschnationalen, schlagenden Burschenschaftern. Ihre Kleidung ist, um es nett zu umschreiben, karnevalstauglich. Oder auch geeignet für einen Mantel- und Degenfilm. Weil ihre Waffe haben’s auch immer dabei, den Säbel, den Degen oder den Schläger. Wie immer man diesen überdimensionierten Brieföffner auch nennen mag. Und komische Kapperln haben sie auch auf. Kann man übrigens in der Do-it-yourself-Methode leicht aus einer Camembertschachtel schnitzen. Gummiband durch den Deckel und schon schaut man aus wie ein Burschi.

Ihre Bräuche und Traditionen sind ebenso eigenwillig, muten seltsam an. Sie zerschneiden sich gegenseitig das Gesicht, nennen das „Mensur“, den Schnitt „Schmiss“ und betrachten das als Mutprobe. Wie die kleinen Buben beim Cowboy- und Indianerspielen, wenn die Indianer den an den Marterpfahl gefesselten Männern die Schuhsohlen ankokeln. Wer zuerst zuckt, hat verloren. Und sie betrinken sich, nennen das „Kommers“ oder „Kneipe“. Das hat aber jetzt wiederum nichts mit dem „kneippen“ zu tun, das ja sehr gesundheitsfördernd ist. Das „studentische Kneipen“ ist höchst ungesund, endet oftmals in sinnlosen Besäufnissen und Erbrechensorgien.

Das alles wäre jetzt zwar skurril und eigenwillig, aber im Grunde ist es ja ganz ihre Sache. Machen’s ja alles nicht in der Öffentlichkeit. Sie huldigen Wein, Weib und Gesang auf ihrer Bude – doch HALT falsch – Gesang, ja, Wein eventuell, aber doch eher Bier - aber Weib auf keinen Fall. Burschis bleiben unter sich. Echte Männer, richtige Männer. Die ja eventuell ein wenig beschämt wären, wenn das eine oder andere Tränchen fließt, wenn der Schmiss so richtig tief geschnitten wurde und ganz viel weh tut. Das darf natürlich keine Frau sehen. Deswegen: keine Frauen! Heißt ja auch Burschenschaft. Farbentragende Mädels gibt’s übrigens auch, aber um die geht’s heute nicht.

Wie gesagt, was sie auf ihrer Bude tun, das soll ihnen überlassen sein. Geht ja auch keinen was an, wie ich mich zu Hause kleide und ob ich mich beim Rasieren geschnitten hab. Privatsache, punktum.

Was die Herren dann aber dann doch, ich sag mal „interessant“ macht, ist das, was sie öffentlich so von sich geben. Wie sie politisch agieren, wie sie sich in der Gesellschaft präsentieren und welche Ämter sie bekleiden. Und das ist, gemessen am Anteil an der Gesamtbevölkerung (0,05% [1]), schon eine ganze Menge an hohen und höchsten Ämtern in Stadt, Land und Bund. Angesichts des nahenden Burschenbundballes in Linz möchte ich mich vor allem auf die Berühmtberüchtigten in Oberösterreich und Linz beschränken.

Da wäre einmal der Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner (Corps Alemannia Linz). In letzter Zeit vor allem durch seine Kürzungen bei der Wohnbeihilfe im Gespräch, die besonders Alleinerziehende massiv betroffen haben. Aber seine antifeministischen Positionen ziehen sich wie der vielzitierte Strudelteig durch sein gesamtes politisches Leben [2].Das interessanteste Faktum zur Alemannia ist, dass sie in ihrer Mitgliederliste immer noch ein gewissen Horst Wessel führt [3].

Einer der spannendsten Charaktere der FPÖ OÖ ist (leider oder Gott sei Dank) schon im Ruhestand. Lutz Weinzinger. Der Mann, der es sogar schaffte, in seiner Abschiedsrede im Parlament Ordnungsrufe in Serie einzusacken. Spannend auch sein Beitrag im Wahlkampf 2008: https://www.youtube.com/watch?v=sTUXndM1wB8 . Aber auch sonst haben die Korporierten die FP OÖ fest im Griff, besonders stark in Linz.

Was uns nun direkt zu der erschreckenden Tatsache führt, dass sich eine extrem rechts angesiedelte Burschenschaft praktisch eine eigene Gemeinderatsfraktion hält. Aus den Reihen der Arminia Czernowitz kommen der Linzer Stadtrat Detlef Wimmer, sein Fraktionsobmann Markus Hein (vor der Verehelichung „Noveska“, ein wahrhaft teutscher Name) und sein (ehemaliger???) Schuhputzer Michael Raml, der in einem OÖN-Interview meinte, dass nicht alles am Nationalsozialismus schlecht war. Übrigens nicht nur dort, auch bei einer Podiumsdiskussion der SpitzenkandidatInnen zur ÖH-Wahl im Saal der Katholischen Hochschulgemeinschaft in Linz. Eine detailliertere Aufstellung findet man unter https://bawekoll.wordpress.com/2013/04/10/die-fpo-czernowitz/. Werner Neubauer und Elmar Podgorschek runden die Liste noch ganz fein ab. Aber nun genug Personalia.

Grundsätzlich wäre es ja löblich, wenn sich Menschen in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Tun eh viel zu wenige. Wenn da nicht die Inhalte wären - Inhalte, die Zeiten verherrlichen, die wir längst überwunden glaubten. Es wird das Deutschtum beschworen, überholten Nationalismen gehuldigt - und das in einem vereinten Europa. Die Gleichberechtigung der Geschlechter wird als „Genderwahn“ verunglimpft, jegliche feministische Position als „Kampfemanzentum“ verhöhnt. Die Gewalt der radikalen Islamisten in Nahost und Afrika wird instrumentalisiert, um eine generelle Fremdenfeindlichkeit anzufachen. Und die Burschenschafter sind die vermeintlich „intellektuelle“ Speerspitze dieser Positionen.

Die Vernetzung der extremen Rechten in ganz Europa ist bereits sehr weit fortgeschritten und wird mit Vehemenz weiter betrieben. Unter anderem auf dem Burschenbundball in Linz, im Palais Kaufmännischer Verein. Just auf diesem Ball wird den Proponenten der extremen Rechten die Legitimation erteilt, und zwar durch durchaus honorige Persönlichkeiten. Der Landeshauptmann von Oberösterreich, Josef Pühringer, ist gern gesehener Gast. Ebenso Mitglieder des Rektorats der Johannes Kepler Universität. Dem wollen wir entschlossen entgegentreten, wollen unseren Protest lautstark kundtun. Die Initiative „Heimat ohne Hass“ ist Teil des Bündnisses „Linz gegen Rechts (http://linz-gegen-rechts.at/ ) und unterstützt die Proteste gegen diesen Ball.

[1] Hans Henning Scharsach – Strache im braunen Sumpf S 55
[2] Ebd. S 60
[3] Ebd. S 183



@Update 07.01.2015 09:10: Manfred Haimbuchner ist Mitglied der Corps Alemannia Wien zu Linz. Die entsprechende Textpassage wurde geändert.