Leider musste auch ich die Berichte in den Medien lesen, in denen es um „gewaltbereite DemonstrantInnen“ geht. Hier schreibe ich über meine persönlichen Erlebnisse in dieser Nacht.
Um 17:00 war ich bei der U-Bahn Station Landstraße/Wien-Mitte. Dort waren schon einige Leute und haben gewartet. Ein Polizeiauto war auch da. Um etwa 17:45 hat sich der Demonstrationszug dann in Richtung Stephansplatz bewegt. Flankiert wurden wir in jeder Seitengasse von behelmter Polizei, teilweise auch mit Schildern. Alles war abgesperrt. Die Demonstration an irgendeiner Stelle zu verlassen, war unmöglich. Die Stimmung war sehr friedlich. Es standen Autos in der Demonstrationsroute und die Masse ist ihnen einfach ausgewichen. Ich habe ein paar bengalische Feuer gesehen, die in die Luft gerichtet waren und an den Farbspritzern am Boden konnte ich erkennen, dass wohl jemand weiter vorne Farbbeutel auf bzw. eher vor die PolizistInnen geworfen haben muss.
Etwa um 19:00 sind wir am Stephansplatz angekommen. Dort haben sich auch andere Demonstrationszüge dazu gemischt. Die Stimmung war absolut friedlich, Polizei habe ich dort zu diesem Zeitpunkt noch keine gesehen. Bin dann, mit einem Freund, zum nahegelegenen „Fastfood-Restaurant ihres Vertrauens“, auf eine Pinkelpause gegangen. Als wir wieder zurück zum Platz kamen, waren die meisten DemonstrantInnen schon weg. Komisch, dachte ich, hatte ich mir doch eine Kundgebung erwartet. Jetzt nach dem Ansehen der Medienberichte ist mir klar, warum die dort so schnell weg waren. Eine andere Demonstrantin meinte, sie wisse auch nicht, wo jetzt alle sind. „Viele gehen wohl durch die Innenstadt und versuchen in die Sperrzone zu gelangen.“ Ein Blick auf den Liveticker verriet, dass wohl schon ein paar Blockaden eingerichtet wurden und wo sich die Polizei positionierte.
So verließen wir zu zweit den Stephansplatz und machten uns auf den Weg Richtung Burgtor. Alle Straßen waren gesperrt und je nachdem von 5-30 PolizistInnen bewacht. Kein Durchkommen also. Wir sind dann immer weiter außen herum gegangen und in jeder Straße sagte die Exekutive, in der nächsten wäre ein Durchkommen möglich. Nach ein paar Versuchen, schafften wir es schließlich die BeamtInnen zu überreden uns in der Akademiestraße den Ring überqueren zu lassen. Der Ring wurde dort noch zusätzlich von einer durchgehenden Polizeikette gesperrt.
Auf der anderen Seite des Rings waren die Sperren nicht mehr so groß. In jeder Seitengasse lagen Absperrgitter, jedoch schon beiseite geräumt. Wir sind dann also rundherum gegangen und bei der Eschenbachgasse, ohne weitere Absperrung, wieder auf den Ring und bis zum Burgtor gekommen.
Gegen 20:20 kamen wir am Burgtor an, wo ein ziemlich großes Polizeiaufgebot von anfangs sicher 100 PolizistInnen versuchte, die Durchfahrt für die BallbesucherInnen frei zu halten. Wahrscheinlich so um die 100 DemonstrantInnen versuchten die Durchfahrt zu blockieren. Bis zu diesem Zeitpunkt habe ich keine Ausschreitungen beobachten können. Nachdem die DemonstrantInnen absolut friedlich waren, habe ich mich unter sie gemischt und schnell festgestellt, dass auf Seiten der Polizei ein paar weniger friedliche dabei waren. Die erste Reihe der DemonstrantInnen wurde durch die anderen nach vorne gedrückt, um den Platz nicht freizugeben. Die Polizei drückte dagegen. Immer wieder haben einzelne (!) PolizistInnen mit dem Schlagstock versucht, die erste Reihe in die Magengegend zu boxen.
Mit der Zeit wurden die DemonstrantInnen weniger, oder sie haben sich vielleicht auch nur mehr verteilt, so wurde ich bei dem Versuch, ein Einsatzfahrzeug zu blockieren, an meinem Rucksack herausgezogen. Weil mein Rucksack dabei kaputt gegangen ist, hatte ich eine Auseinandersetzung mit einem Polizisten, der mich wüst beschimpfte und mir Gewalt androhte. Er meinte, ich hätte gegen ein Gesetz verstoßen, welches konnte oder wollte er mir nicht sagen. Als ich, trotz seiner netten Worte, nicht davon Abstand nahm, das nächste Einsatzfahrzeug zu blockieren, wurden sie etwas grob und haben mich hinter die Polizeikette geschleppt. Dabei hat besonders der schon erwähnte Beamte versucht, mich zu boxen. Bei der Aufnahme meiner Personalien wurde ich mehrfach und von mehreren Beamten als „Volltrottel“, „Idiot“ und „Orschloch“ beschimpft, obwohl ich keinerlei Widerstand leistete. Die Dienstnummer von dem „netten“ Beamten habe ich trotz mehrfacher Nachfrage nicht bekommen. Stattdessen wurde ich mit groben Stößen und den Worten „na sicher“, „verpiss Dich“ und „schleich Dich“ wieder zu den DemonstrantInnen gedrängt.
Um halb 10 hat sich die Polizei hinter das Burgtor zurückgezogen und das Tor geschlossen. Danach haben sich die DemonstrantInnen in verschiedene Richtungen aufgelöst. Ich wollte nach Hause gehen und bin am Ring bis zum Volksgarten gekommen, wo etwa 50 DemonstrantInnen von ca. 200 PolizistInnen eingekesselt waren. Neugierig wie ich bin, habe ich geschaut, wen sie da eingekesselt haben. Als ich an die Polizeikette herantrat, hat ein Beamter gleich seinen Schlagstock gegriffen. Ich hab ihn dann gefragt was er damit vor hat und wurde von ihm zurückgestoßen. Ich bin wahrscheinlich genau deswegen vor ihm stehen geblieben, als mich ein anderer Demonstrant, mit den Worten „mit denen willst du keinen Ärger haben, glaub mir!“, zurückzog. Ein paar Sekunden später hat mich der Polizist auf einmal geschnappt und mit den Worten „lossts eam durch“ durch die doppelte Polizeikette gestoßen. Nach mehrfachem Nachfragen bekam ich von einem ganz anderen Beamten die Antwort „Sie wurden eindeutig als dieser Veranstaltung zugehörig eingestuft.“ - „Warum?“ - „Auf Grund Ihrer Kleidung und Ihres Aussehens.“ Die Dienstnummer des netten Beamten, dem ich das zu verdanken hatte, habe ich weder von ihm noch von einem Gruppenleiter bekommen. Wo ich dort auf die Toilette gehen sollte, konnte/wollte mir keiner der 200 BeamtInnen sagen. Überhaupt bekam ich keine Auskunft über den weiteren Ablauf. Schlussendlich bin ich dann an einen sehr netten Gruppenleiter geraten, der mich dann gleich als Nächsten zu dem Polizeiauto brachte, wo meine Personalien aufgenommen wurden. Die BeamtInnen dort waren sehr nett und zuvorkommend. Auch als ich dann meinen weiteren Heimweg bestritt und eine weitere Polizeikette am Ring vor dem Parlament passiert habe, haben die BeamtInnen mir auf mein „Servus, schönen Abend noch“, auch einen „schönen Abend“ erwidert.
Fazit:
Durch das extrem hohe Polizeiaufkommen ist das eigentliche Ziel der Demonstration stark in den Hintergrund geraten. Von wirklichen Ausschreitungen habe ich nichts mitbekommen. Die am Stephansplatz können nicht länger als 15 Minuten gedauert haben. Die angerichteten Schäden sind wirklich traurig. Von den Leuten, die das getan haben, möchte ich mich klar distanzieren, so wie das auch alle VeranstalterInnen tun. IdiotInnen gibt es leider immer.
Alles in allem habe ich eine absolut friedliche Demonstration erlebt. Und muss sagen, dass abgesehen von aggressiver Provokation, auch die PolizistInnen ihre Arbeit halbwegs anständig gemacht haben. Manche mehr, manche weniger.