Im Netz finden sich diverse Blogs mit rechtsradikalen Inhalten. Manche bekannter, manche unbekannter. Dabei erregt im deutschen Sprachraum besonders einer immer wieder Aufmerksamkeit: Michael Mannheimer.
Dieser betreibt den gleichnamigen Blog, der selbst nach menschlichen Tragödien wirre Verschwörungstheorien spinnt. Zuletzt ist Mannheimer dadurch aufgefallen, dass er das Gerücht in die Welt gesetzt hat, der Pilot des kürzlich in Südfrankreich abgestürzten Airbus A320 von German Wings sei angeblich zum Islam konvertiert (infolgedessen wäre der Absturz selbstverständlich ein islamistischer Terroranschlag gewesen). Natürlich völliger Blödsinn und erstunken und erlogen - aber das Gerücht wurde verbreitet und viele wollten es glauben. Denn es kann nicht sein, was nicht sein darf: nämlich dass eine Person mit einem anderen Religionsbekenntnis als dem Islam so viele Menschenleben auf dem Gewissen hat. Selbst Mannheimers Verwandter im verschwörungstheoretischen Geist, Udo Ulfkotte, erkannte die Meldung innerhalb von Stunden als Unsinn.
Am 9.5. findet in Bregenz der zweite Pegida-Stillstand statt - und als Gastredner wurde von Werner Wirth (Sprecher Pegida-Österreich) Michael Mannheimer angekündigt - nachdem er in der Vergangenheit andere Größen der rechten Szene - wie Ignaz Bearth und Michael Stürzenberger - bereits als Gastredner eingeladen hatte. Also Grund genug, um uns Michael Mannheimer und auch unsere “Bewegung aus der Mitte des Volkes” Pegida etwas genauer anzusehen.
Screenshot / (C) Facebook-Inc.
Wer ist “Michael Mannheimer”?
Geboren als
Karl-Michael Merkle, kämpft er laut Eigendefinition “
gegen die Abschaffung Deutschlands durch Linke und den mit diesen verbündeten Islam.”
Allein diese Aussage bringt politisch Gebildete bereits zum Schmunzeln. Aber sehen wir noch etwas genauer hin. Mannheimers Spezialität sind nämlich Blogeinträge, die wenig bis keinen Faktenhintergrund haben, wie auch auf ZDDK/mimikama dokumentiert ist. Hier einige Beispiele zum Nachlesen:
Keine Überraschung, dass sich seine durchwegs aggressiv gegen den Islam und oft auch gegen MigrantInnen im Allgemeinen gerichteten Artikel in Österreich im Umfeld der FPÖ einer weiten Verbreitung erfreuen können, bis hinauf in die Parteispitze. Heimat ohne Hass hat immer wieder darüber berichtet:
Mannheimer ist außerdem ein häufiger Autor des rechten Internet-Netzwerks “
Politically Incorrect” (kurz PI), das ideologisch ins gleiche Horn stößt, wie Mannheimers eigener Blog, und wo auch ein anderer Gast von Pegida Österreich,
Michael Stürzenberger, als einer der Hauptautoren fungiert.
Außerdem sprechen viele Indizien dafür, dass Mannheimer auch die rechtsextreme Prangerseite “
Nürnberg 2.0” betreibt. Dies wird zwar von ihm bestritten, er hat die Seite aber zumindest intensiv beworben. Nürnberg 2.0 soll laut Eigendarstellung als “Erfassungsstelle zur Dokumentation der systematischen und rechtswidrigen Islamisierung Deutschlands und der Straftaten linker Faschisten zur Unterdrückung des Volkes“ dienen und die dafür „Verantwortlichen“ sollen zu einem „geeigneten Zeitpunkt nach Art des Nürnberger Kriegsverbrecher-Tribunals zur Verantwortung gezogen werden“”.
Als gut drei Monate später Anders Behring Breivik mit einer ähnlichen Begründung (wenn auch vermutlich ohne Kenntnis des Mannheimer-Statements) die Anschläge in Oslo und auf Utøya verübte, bei denen 77 Menschen, darunter 32 Jugendliche, ums Leben kamen, betonte Mannheimer die für ihn offenbar positiven Folgen dieser Tat:
“Während das politische Establishment unmittelbar nach dem Oslo-Massaker in infamer Weise den schwarzen Peter für die Wahnsinnstat Breiviks der Islamkritik zuzuschieben versuchte, indem sie dahingehend argumentierte, dass erst die Kritik am Islam Breivik zu seiner Wahnsinns-Tat inspiriert hätte, beginnen immer mehr Menschen aufzuwachen und nach dem verständlichen Entsetzen der ersten Tage nach Oslo ihre Gedanken zu sortieren. […] Der Stein der Aufklärung über den Islam und die Hintergründe der geplanten Islamisierung Europas durch das politische Establishment ist ins Rollen gekommen und wird sich nicht mehr aufhalten lassen.”
Weniger bekannt ist vielleicht der seltsame
religiös-fundamentalistische Hintergrund Mannheimers, der nämlich auch noch Sprecher einer “überkonfessionellen christlichen Bewegung” namens “Initiative 1683” ist. Der Name spielt - wenig überraschend - auf das Zurückschlagen der zweiten Türkenbelagerung von Wien an. Interessanter daran ist, dass sich diese “Bewegung” auf eine Prophezeiung eines alkoholkranken amerikanischen Wanderpredigers beruft. Dieser gibt vor, 1988 eine Gottesvision gehabt zu haben. Gott sprach zu ihm (!) und sagte ihm vier Geschehnisse voraus. Unter anderem prophezeite er den Untergang der Sowjetunion und den Fall des "Eisernen Vorhangs". Damit zusammenhängend orakelte er, der "
Geist des Kommunismus" würde sich mit dem Islam "verheiraten". Das Ergebnis dieser "Heirat" wäre "schlimmer als das 3. Reich", und würde sich schwerpunktmäßig in Europa abspielen. Die Christen müssten sich vereinen, um das abzuwenden.
Vor diesem Hintergrund erscheint die so genannte “Islamkritik” Mannheimers durchaus in einem anderen Licht, nämlich in dem eines Religionskrieges. Allerdings völlig abseits der in Mitteleuropa traditionell etablierten Religionsgemeinschaften und stattdessen mit einem sektiererischen evangelikalen Hintergrund.
Was aber mit Islamkritik endgültig nichts, aber schon gar nichts zu tun hat, sind die Behauptungen, Einwanderung in Europa wäre ein “
Genozid an der eigenen Rasse”. Und dass “arabische Staaten sich ihrer Kriminellen und Geisteskranken entledigen wollen, indem sie sie auf Flüchtlingsbooten in Europa entsorgen”. Und die Tatsache, dass Mannheimer in seinem Blog ein Video des ehemaligen britischen EU-Abgeordneten und notorischen Holocaust-Leugners
Nick Griffin einbettet, der wegen Aufstachelung zum Rassenhass bereits rechtskräftig verurteilt wurde.
Herr Wirth, gestatten Sie uns die, wir wir meinen, berechtigte Frage:
Warum lädt Pegida so eine Person als Gastredner ein, wenn Pegida angeblich eine Bewegung “der politischen Mitte” ist?