Samstag, 13. September 2014

Gastkommentar - Wie umgehen mit Extremismus?

Ein Kommentar von Manfred Walter, Sprecher von HoH

Firas Abdullah Houidi (auch Firas Houdi) - der Gotteskrieger aus Österreich - ist seit geraumer Zeit in allen Medien. Ein junger Mann, keine 20 Jahre alt, von heute, dessen größter Wunsch im Alter von 12 Jahren noch der Weltfrieden war, ist nun Teil des “Islamischen Staates”, jener Terrororganisation, die Syrien und den Irak derzeit ins Chaos stürzt. Doch Firas Houidi ist nur das “bekannte” Gesicht für vermutlich weitere 130 ÖsterreicherInnen, die im Dienst des IS stehen.

Wie und warum Houidi und viele andere so werden konnten, darüber schreibt Robert Misik in einem zutiefst bewegenden Beitrag: (http://www.misik.at/sonstige/wie-wir-firas-verloren-haben.php ) .

Laut der Tageszeitung Der Standard versuchen nun schon einige der aus Europa stammenden Gotteskrieger, wieder desillusioniert zurück in ihre Herkunftsländer zu gelangen. Wird der IS ihrer habhaft, so werden sie wahrscheinlich sehr geringe Überlebenschancen haben. Schaffen sie es, dann stellt sich die grundsätzliche Frage, wie die Gesellschaft mit ihnen bzw. generell mit extremistischen Strömungen umgehen soll.

Vermehrt vernimmt man von politisch führenden Stimmen, dass ein Dschihad- und/oder ein Scharia-Verbot unbedingt notwendig und zielführend sei. Ich kann dem nicht zustimmen, aus mehreren Gründen:

Zum Einen ist die österreichische Rechtslandschaft schon dermaßen vielfältig und unübersichtlich, dass ich glaube, dass weitere Gesetzesmaterien selbst für Fachleute teilweise nicht mehr überblickbar sein würden. Als abschreckendes Beispiel sei hier das mehrfach novellierte und ergänzte Fremden- und Aufenthaltsrecht genannt, das auch für ausgewiesene ExpertInnen nur mehr schwer überschaubar ist. Diese vielfältigen, unübersichtlichen und vor allem sehr difusen Novellierungen haben z.B. bereits zur Folge, dass in deren Auslegung mit nachvollziehbarer Argumentation für ein- und denselben Sachverhalt zwei absolut diametrale Ergebnisse möglich sind und beide rechtskonform wären. Ein zusätzliches Dschihad- und Scharia-Verbot, in ein gesondertes Gesetz gegossen, würde wahrscheinlich eine ähnlich verworrene Situation hervorrufen. Was also bereits für Fachleute kaum mehr zu überblicken ist, ist für den rechtsunterworfenen Laien dann wirklich nur mehr Juristenlatein. 

Zum Anderen findet sich Im österreichischen Strafgesetzbuch der bereits einige Male erweiterte Paragraph 278. Terroristische Vereinigungen werden durch die §§ 278b ff erfasst. Ich denke, diese Stellen im StGB sind ausreichend, um auch Erscheinungen wie den IS und seine UnterstützerInnen rechtlich zu erfassen. Anstatt eine eigene Gesetzesmaterie zu verabschieden, wäre es wesentlich vernünftiger – und auch für Fachleute wie Laien leichter anwendbar – diesen Komplex der §§ 278b ff um die Tatbestände der Unterstützung und Propagierung zu erweitern. Die Argumentation, dass der IS von internationalen Gremien noch nicht als Terrororganisation deklariert wurde, läuft ins Leere, da die Tatbestandsmerkmale, ab wann eine Organisation als solche einzustufen ist, ausreichend determiniert sind.

Und doch bringt uns das in der aktiven Vermeidung der Radikalisierung von vor allem jungen Menschen keinen Schritt weiter. Es kann hier nur auf bereits erfolgte Radikalisierung reagiert werden. Aber auch hier zeigen sich andere Möglichkeiten, als mit der „ vollen Härte des Gesetzes“ vorzugehen. Es gibt in Deutschland und Großbritannien bereits sehr erfolgreiche Anlaufstellen für radikalisierte Menschen und deren Angehörige. Wobei ich hier in Österreich punkto Umsetzung eher skeptisch bin, da es bisher nicht einmal geschafft wurde, für ausstiegswillige Neonazis entsprechende Anlaufstellen zu installieren. In Deutschland wird dies im Rahmen von „Exit“ bereits seit Jahren erfolgreich praktiziert.

Die Frage, die sich allerdings uns allen stellt: Wie verhindern wir GEMEINSAM, dass es erst gar nicht zu dieser bzw. weiteren Radikalisierungen kommt?

Als Einzelperson kann man bereits mehr erreichen, als man glaubt. Es genügt schon, den „Anderen“ ein wenig gelassener zu sehen, die Andersartigkeit, die man unter Umständen nicht versteht, mit einem simplen „mir wurscht“ hinzunehmen. Damit nimmt man sich selbst viel Druck raus, vor allem, wenn dieses „Anders sein“ einen persönlich gar nicht betrifft, sondern nur eine Randnotiz im eigenen Leben darstellt. Wenn das Jede und Jeder ein wenig beherzigen würde, wäre es schon viel einfacher.

Wichtig ist natürlich auch die Vorbildwirkung unserer PolitikerInnen. Ein respektvoller persönlicher Umgang miteinander und in der Sache durchaus hart zu diskutieren, ist kein Widerspruch. Ganz im Gegenteil, es sollte möglich sein, dass einander auch politische Gegner auf persönlicher Ebene, um des gemeinsamen Zieles willen, immer noch auf Augenhöhe begegnen können.

Wenn man allerdings die politischen Mitbewerber nur verhöhnt, keine adäquaten Lösungen anbietet, nur Sündenböcke sucht, findet und benennt und solche „Karikaturen“ wie die untenstehende als normalen Umgang untereinander betrachtet, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Radikalisierung, die man selbst gesetzt hat auch in der Bevölkerung um sich greift. Sich danach als ausgegrenztes Opfer zu stilisieren und jede Kritik sofort als „Hetze“ zu betiteln, zeugt von mangelnder politischer wie persönlicher Reife und von Verantwortungslosigkeit. Verantwortungslosigkeit gegenüber diesem Staat und den Menschen, die in diesem Staat leben.



Quelle: Gegen Rot und Grün in Österreich



Ziel der Politik sollte es doch sein, allen Menschen in einem Gemeinwesen ein Leben ohne Angst, ohne Verfolgung und ohne Diskriminierung zu ermöglichen. Jedem Menschen die Chancen zu eröffnen, sein Leben zu meistern und wenn die Person unverschuldet in Not gerät, in einem solidarischen Netz aufzufangen. Solidarität und Zusammenhalt kennen kein Geschlecht, keine Ethnie, keine Religion, keine sexuelle Orientierung, sondern nur das Menschsein an sich! Und das dürfen wir uns gegenseitig nicht absprechen, sonst enden wir wieder dort wo wir vor 80 Jahren schon einmal waren!
Freitag, 12. September 2014

Ich, beide, die Seite - und Ripfl.

Hineintheatern können sich so manche RFJ-Obmänner offenbar gut. Nur zu blöd, dass wir unsere Karten nie ganz ausspielen. Und soeben ist Markus Ripfl gemeinsam mit Maximilian Krauss in ein klitzekleines Fettnäpfchen getreten.

Auslöser war unser Artikel “Ich, beide und die Seite”, wo wir Maximilian Krauss als Seiten-Admin seiner eigenen “Solidarität für Maximilian Krauss” outeten. Jedoch behauptet nun Markus Ripfl auf seinem Blog, er wäre der Seitenbetreiber. Co-Admin kann sein, aber dazu gleich mehr.

Wir kochen auch nur mit Wasser und können selbstverständlich nicht sehen, welcher Artikel von welchem Admin genau geschrieben wird. Aber das ist in diesem Zusammenhang auch nicht so wichtig.

Ripfl schrieb auf seinem Blog:

Screenshot Blog Ripfl

Screenshot Blog Ripfl


Markus Ripfl

Wer ist dieser junge Herr eigentlich? Er betreibt unter anderem die Seite “Linksextremismus stoppen”, ist seines Zeichens RFJ Obmann und sich nicht zu schade, Werbung für seinen Blog auch mal in einer Facebook-Gruppe zu veröffentlichen, in der es hauptsächlich um Verhetzung, NS-Wiederbetätigung und Morddrohungen geht.

Infos dazu gibt es hier:

Dass sich Bezirksobmann Krauss mit solchen Gestalten abgibt, sollte doch sehr zu denken geben.

Wieso wir uns so sicher sein können, dass Krauss die Seite selbst betreibt? Mal davon abgesehen, dass wir uns selbstverständlich nicht nur auf mündliche Aussagen verlassen, der Jungspund schickt nämlich lustige Einladungen zu der Seite….

Screenshot / (C) Facebook Inc.



Aber ein kleines Detail hat er vergessen…

Screenshot / (C) Facebook Inc.




Also, liebe wahrheitsflexiblen Jungpolitiker und RFJ-Obmänner. Wenn man schon anfängt, so groß herumzuposaunen, wie gemein doch die anderen sind und wie viel “Hetze” sie verbreiten, dann sollte man sich sicher sein, nicht selbst Mist gebaut zu haben. Und wenn man das nicht erkennen kann, so sollte man besser die Bühne der Politik verlassen.

Deshalb: Krauss, Ripfl - beide “Nicht genügend”! Danke, setzen!




@Update 12.09.2014 15:11

Auf der Seite "Solidarität mit Maximilian Krauss" wurde nun folgendes veröffentlicht. Nur schade, dass Herr Ripfl nun extra Herrn Krauss entfernte, wäre zu schön gewesen wenn er das auch noch vergessen hätte.

Screenshot / (C) Facebook Inc.


Nochmals für Sie Ripfl. Und das ganz langsam:
Wenn Sie jemanden zu IHRER Seite einladen, dann steht es dabei das es IHRE Seite ist. Laden Sie jemanden zu irgendeiner Seite ein, so steht es dann nicht dabei. Probieren Sie es ruhig aus! Und lernen Sie bitte einmal mit Facebook umzugehen!



Ich, beide und die Seite.

Die Geschichte ist bekannt: Dieser Tage sollte Maximilian Krauss, ein junger Mann von 21 Jahren und blauen Gnaden, zum Stadtschulrat-Vize bestellt und damit in einen zwar relativ einflusslosen, aber lukrativen Posten gehoben werden. Krauss war bereits längere Zeit durch üble rassistische und hetzerische Aussagen aufgefallen - der amtierende Bürgermeister lehnte ihn für diese Position daher ab.

Abgesehen davon, dass der FP-Parteichef deswegen sehr beleidigt ist und wie immer wild mit Klagen droht, ist auch der nun unbestellte Krauss emsig damit beschäftigt, die Welt von der Ungerechtigkeit zu überzeugen, die ihm widerfährt.

Zu diesem Zweck führt er neuerdings auf einer eigenen Facebook-Seite quasi Selbstgespräche, die - wenn man um die näheren Umstände kennt - zweifelhaften, aber auch durchaus erheiternden Charakter haben. Die neue Seite nennt sich "Solidarität mit Maximilian Krauss" und wird von HC Strache und seinen Freunden fleißig geteilt, empfohlen und gelikt. 
Werdegang und politisches Profil

Über die deutschnationale Einstellung des 21-jährigen und seine Mitgliedschaft in der schlagenden Burschenschaft “Aldania” wurde bereits in den Medien berichtet. Einige Infos dazu im folgenden Screenshot. 

Screenshot Linkswende

Quelle: http://www.linkswende.org/6696/Im-Visier-Maximilian-Krauss

Mit der Ernennung von Krauss wollte Strache "frischen Wind" in den Stadtschulrat bringen und "Probleme an Schulen ansprechen". Von seiner bisherigen Karriere als Bundesobmann-Stellvertreter und geschäftsführender Landesjugendobmann des RFJ Wien, sowie als Bezirksobmann der FPÖ Josefstadt wurde er durch viele polarisierende Aussagen und Aktionen bekannt. So gehören zu Krauss' politischen Forderungen die Separierung von "ausländischen Schülern" in reine "Ausländerklassen" oder die "chemische Kastration von Kinderschändern", wie er in einem STANDARD-Interview vergangenen August erklärte. "Ausländer mit türkischem Blut" will der 21-jährige heim schicken.

FPÖ-Bezirksobmann Krauss hatte Ende Jänner dieses Jahres via OTS-Aussendung eine aus rechtsextremen Kreisen stammende Lügengeschichte über „straffreien Kindesmissbrauch durch Türken" verbreitet. Erst nach einer Verhetzungsanzeige von SOS Mitmensch wurde die Aussendung von der FPÖ wieder gelöscht. Eine Distanzierung oder Entschuldigung erfolgte jedoch weder von Krauss noch von der FPÖ-Führung. Das Ermittlungsverfahren der Justiz gegen Krauss wurde ohne nähere Begründung eingestellt – offenbar weil der FPÖ-Politiker die Anti-Türken-Lügengeschichte „nur“ verbreitet, nicht aber mit deftigen Kommentaren gewürzt hatte. Quelle



Screenshot / (C) Facebook Inc.


Aber wer betreibt die Seite eigentlich? Denn neben der Werbung von der Facebook-Seite von Strache wird auch mit bezahlter Werbung gearbeitet.




Screenshot / (C) Facebook Inc.


Die Lösung dafür ist nun das eigentlich Lustige: von Maximilian Krauss selbst.
Und spätestens an dieser Stelle erscheinen die Postings auf seiner Seite nun mehr als skurril….




Screenshot / (C) Facebook Inc.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Screenshot / (C) Facebook Inc.











Überzeugt verlangt Maximilian Krauss in der dritten Person die “volle Aufklärung”....



Screenshot / (C) Facebook Inc.


Woher weiß HoH, dass die Seite von Maximilian Krauss betrieben wird?

Das Übliche: Wer postet wann was, welche Inhalte, Analyse der Verbreitungswege. Mehr sagen wir dazu nicht - wir wollen es ja den Rechten nicht all zu leicht machen, und uns in Zukunft weiterhin nicht all zu schwer. 

Doch als wäre dies nicht eigenartig genug, HoH hat natürlich bei der Seite um Stellungnahme gebeten. Die Reaktion war eher erheiternd.


Screenshot / (C) Facebook Inc.


Die Nachricht wurde gesehen, allerdings vom Seitenbetreiber Krauss darauf hin gelöscht.

Kurz darauf wurden folgende Postings auf der “Solidarität mit Maximilian Krauss” abgesetzt:



Screenshot / (C) Facebook Inc.


Und kurz darauf folgte das offizielle Dementi, dass die Seite angeblich doch nicht von Krauss betrieben wird. Uns liegen dazu allerdings noch mehr Indizien vor, welche uns von diversen FPÖ Funktionären auch bestätigt wurden. 



Screenshot / (C) Facebook Inc.


Fazit?

Ein eigenartiger Nachgeschmack. Ein Jungpolitiker, der durch äußerst rassistische Aussagen und Presseaussendungen aufgefallen ist, soll in einen gut dotierten Versorgungsposten gehoben werden. Als das nichts wird, wird eine Seite eröffnet, in der suggeriert wird, dass eine eigene Community ihn dabei unterstützt. Diese Community wird von der wichtigsten FPÖ Seite beworben, und es wird auf bezahlte Anzeigen zurückgegriffen. Noch eigenartiger mutet dabei die Tatsache an, dass die Seite von eben diesem Jungpolitiker selbst betrieben wird. 

Verboten ist das nicht, aber dennoch, eine doch reichlich seltsame, egozentrische Vorgehensweise. Maximilian Krauss hat sich unseres Wissens nach übrigens nie für seine verbalen Entgleisungen entschuldigt oder sie zurück genommen.

Ein kleiner Filmtipp für Herrn Krauss:
https://www.youtube.com/watch?v=RaLcmOeXVpM


Das Beste kommt zum Schluss und wird von Krauss selbst geliefert:

Auf die Anfragen von HoH hat er nicht geantwortet, aber die Seite “Solidarität mit Maximilian Krauss” geht vom Netz. Danke, Herr Krauss - besser geht nicht!

Screenshot / (C) Facebook Inc.



@Update 12.09.2014:

Hier geht es weiter:
http://www.HeimatOhneHass.com/2014/09/ich-beide-die-seite-und-ripfl.html 
Dienstag, 9. September 2014

Radikalisierungen und Islam

Gastkommentar von Senol Akkilic*


Jugendliche über Sommermonate in Internaten, die Moscheevereinen gehören, immer mehr junge Mädchen, die bereits als Fünfjährige verschleiert werden und junge Männer, die meinen Kolleginnen während meiner Tätigkeit als Jugendarbeiter das Händeschütteln verweigerten, waren eindeutige Signale, dass die Szene zusehends strengkonservativ wurde.

Nach der Machtübernahme der AKP in der Türkei, hat sich die moslemisch religiöse Szene in Österreich noch mehr verbreitet und organisatorisch strukturiert. Ich kann mich noch erinnern, dass Anfang der 1980er bis in die 1990er Jahre dem Islam angehörige Menschen, die in Österreich lebten, eher einen laizistischen Zugang zum Leben hatten. Die Anzahl der Moscheen und Moscheevereine war sicher nicht so hoch wie heute.

Dass mit dieser Zunahme früher oder später auch radikalisierte Kräfte wie die Salafisten Fuß fassen würden, war vorauszusehen. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die von Österreich in den Irak oder nach Syrien für den “Dschihad” ziehen, wurden ja zunächst nicht von der Terrororganisation IS (Islamischer Staat), sondern von Al Nusra rekrutiert.

Es wird angenommen, dass als Versammlungsort für die radikalisierte Szene Moscheen bzw. Moscheevereine dienen, die jedoch nicht innerhalb der IGGIÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich) organisiert sind. Warum gegen diese Institutionen rechtlich nicht vorgegangen wird, liegt daran, dass laut Auskunft der Exekutive keine Beweise für Radikalisierungprogramme in diesen Einrichtungen vorliegen. Es ist, wenn man so will, eine große Herausforderung für den Rechtsstaat und die Demokratie.

Die große Mehrheit der organisierten Moscheen und Moscheevereine sind zwar keine “Brutstätten” für Radikalisierungen, doch deren Schweigen gegenüber dem IS-Terror verstimmt die österreichische Öffentlichkeit. Dass die IGGIÖ sich dennoch vom IS und seinen Machenschaften distanziert, ist gut. Schließlich stellt der IS ein Problem für die Mehrheit der Moscheevereine und Moscheen dar, weil diese auch ihre Klientel ansprechen will.

Dass die Öffentlichkeit inklusive Moscheevereine dem Treiben von Radikalisierern zugeschaut hat, liegt daran, dass nur ein unkritischer Austausch zwischen den Religionsgemeinschaften geherrscht hat und man sich der Gefahr, die sich innerhalb des Islam entwickelt hat, nicht bewusst war. Ganz im Gegenteil, die Errichtung des König Abdullah-Dialog-Zentrums in Wien mit Beteiligung vom Vatikan, österreichischem Außenministerium und Spanien hat eine Ideologie – den Wahabismus - legitimiert, die viele Gläubige jahrhundertelang zurückgeworfen hat.

Der “Dialog der Religionen” verschaffte dem Thema Religion insgesamt, aber auch manchen Einrichtungen wie Milli Görüs, mehr Präsenz und Aufmerksamkeit durch die SPÖ und ÖVP. KandidatInnen, die nicht dem gemäßigtem Islam zugeordnet werden, fanden ihre Plätze auf den Listen dieser Parteien und erweiterten ihren Einflussbereich.

Diese nicht gemäßigten Muslime haben den Nährboden für radikale Kräfte bereitet und sind zum Teil selbst nicht mehr dazu in der Lage ihren Anhang davor zurückhalten, dem IS oder ähnlichen Kräften beizutreten. Die türkisch-nationalistische Einstellung mancher Moscheen wäre eine Erklärung dafür, dass sich ihre Politik bezüglich IS an der Position der Türkei orientiert. Bekanntlich hat die Türkei den IS noch nicht zu einer Terrororganisation erklärt.

Das Problem ist jedoch tiefgreifender und muss grundsätzlich angegangen werden. Globalisierung und Migration stellen die Politik, die Nationalstaaten, Religionen und Kulturen vor neue Herausforderungen und Umbrüche. Konzepte, die hauptsächlich eine mono-religiöse und nationalstaatlich begründete Strukturierung und Finanzierung von Systemen und Inhalten vorsehen, geraten zusehends in Bedrängnis, weil neue Religionen und Kulturen sowie Ethnien Ansprüche an jene Staaten stellen, in denen sie angekommen sind. Sie sind die neuen Player im Verteilungskampf - sowie auch jene neuen politischen AkteurInnen, die über etablierte Parteien in Gemeinderäte und Landtage eingezogen sind.

Im Falle der moslemischen Bevölkerung reicht es nicht mehr aus zu wiederholen, dass der Islam in Österreich als Religion anerkannt ist, sondern es stellt sich die Frage wie sehr dieser akzeptiert und verinnerlicht wird. Eine Antwort auf die Radikalisierung liefert uns eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema. Die Verinnerlichung ist damit verbunden, wie sehr wir den Islam für kritikfähig halten. Derzeit läuft die Debatte eher zwischen Ablehnung des Islam und einem unkritisch organisierten Dialog der Religionen. Der Hinweis, dass westliche Demokratien säkular, demokratisch und auf Menschenrechte aufgebaut sind, löst das Problem nicht. Es muss viel mehr der kritische Dialog gesucht werden, um vor allem jenen moslemischen AkteurInnen, die ein Interesse haben, dass ein gutes Zusammenleben nicht funktioniert, den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Dass in letzter Zeit vermehrt moslemische Kindergruppen und Schulen eröffnet werden, hat zum Teil seinen Grund darin, dass die öffentliche Hand mit der Kinderbetreuung nicht nachkommt und über jede Lösung der Kinderbetreuung glücklich ist. Doch damit nehmen wir unhinterfragt in Kauf, dass sich die Qualität der Kinderbetreuung verringert und gefährliche Entwicklungen zugelassen werden.

Die ausländerfeindliche und islamophobe Stimmung ist für nationalistische und ultrareligiöse Kräfte unter den MigrantInnen ein gefundenes Fressen, mit dem sie neue Zielgruppen ansprechen und mobilisieren. Wir müssen darauf achten, dass dieser Entwicklung Einhalt geboten wird. Ein wichtiges Mittel dazu ist ein entschlossener Kampf gegen Rassismus, Nationalismen und Radikalismen auf politischer und rechtlicher Ebene.

*"Akkılıç arbeitet seit 1985 bei den Wiener Grünen mit und war zwischen den Jahren 2001 und 2004 als Bezirksrat im 10. Wiener Gemeindebezirk Favoriten aktiv. Er war innerparteilich als Mitglied der Bezirkekonferenz der Wiener Grünen tätig und kandidierte bei der Landtags- und Gemeinderatswahl 2010 für die Wiener Grünen. In der Folge wurde Akkılıç am 25. November 2010 als Landtagsabgeordneter bzw. Gemeinderat angelobt und übernahm gleichzeitig die Funktion des Bereichssprechers für Integration und Jugend innerhalb des Grünen Rathausklub." (Quelle Wikipedia)