Montag, 22. Juni 2015

Chronologie einer politischen Instrumentalisierung

20.06.2015. Ein schwarzer Tag für Graz und Österreich. Die medialen Wellen schlagen hoch. Während viele Politiker ihr Mitgefühl bekunden, dreht einer das Rad in die andere Richtung: HC Strache. Voreilige Schlüsse mit klarer politischer Stoßrichtung. Politisches Kleingeld als Priorität vor dem Mitgefühl mit den Opfern und deren Angehörigen. Bekräftigung von Unwahrheiten über die Richtigstellung hinaus. Schuldumkehr. Fakt ist immer nur das, was den eigenen Absichten nützt. Erst nach mehreren Stunden und heftigem Gegenwind sogar aus den eigenen Reihen lässt er sich zum Posten eines schwarzen Trauer-Banners herab.

Wir möchten diese Ereignisse auf Herrn Straches Facebook-Seite noch einmal chronologisch zusammenfassen.

Alles beginnt mit der Information über die schreckliche Tat in der steirischen Landeshauptstadt:


Screenshot / (C) Facebook Inc.


Eine knappe Stunde später ändert die FB-Seite von Strache den Text:


Screenshot / (C) Facebook Inc.


Zu diesem Zeitpunkt hatten verschiedene Behörden bereits in den ersten Pressekonferenzen bekannt gegeben, dass nach derzeitigem Ermittlungsstand ein religiöser Hintergrund ausgeschlossen wird und dass es sich bei der Wahnsinnstat höchstwahrscheinlich um die Folgen eines familiären Konflikts handelt.

Das Posting bleibt für etliche Minuten so stehen. Genug Zeit für diverse (auch ausländerfeindliche) Kommentare und Weiterverbreitung, aber auch genug Zeit, für viele kritischen Kommentare, die mit Straches Umgang mit der Thematik nicht einverstanden sind und gerne wissen möchten, mit welcher Motivation er einen (zu diesem Zeitpunkt bereits eher auszuschließenden) religiösen Hintergrund unterstellt.

Wohl auch aufgrund dieses starken Gegenwindes ändert Strache seine Strategie und teilt einen Artikel der Kronen-Zeitung, in dem wieder über einen (zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach dementierten) religiösen Hintergrund spekuliert wird, was nichts an der anhaltend starken Kritik an seinem Vorgehen ändert.

Mittlerweile erscheint auch auf HoH bereits das erste Posting zu diesem Thema, als erstes Medium reagieren die  Oberösterreichischen Nachrichten darauf: http://www.nachrichten.at/nachrichten/chronik/Wirbel-um-Strache-Posting-zu-Amokfahrt-in-Graz;art58,1864896.

Auf die in weiterer Folge von vielen Seiten geäußerte Kritik geht er schließlich auf ziemlich fragwürdige Weise in einer erneuten Änderung seines Status ein:


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Dieses Bekenntnis zur freien Presse verwundert uns dann doch etwas, da die FPÖ, wenn für sie ungünstige Fakten medial thematisiert werden, gerne mal der freien Presse bewusste Manipulation unterstellt (Quelle Kurier). 

Die Opfer der Schreckenstat werden noch immer mit keiner Silbe erwähnt, dafür aber wird jemand anderes, nämlich die FPÖ, als Opfer von Medienhetzte bezeichnet.

12 Minuten stand dieser Text so auf seiner Timeline, bevor er erneut editiert wurde:


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Auffällig an diesem Beitrag erscheint vor allem das unter Anführungszeichen Setzen des Begriffs Psychose. Was will Strache damit andeuten?

Erst zu diesem Zeitpunkt werden endlich auch die Opfer erwähnt, indem Strache (kommentarlos) ein auf Facebook kursierendes Foto teilt:



Screenshot / (C) Facebook Inc.


Danach scheint das Thema erstmal erledigt und er wendet sich anderen Dingen zu:


Screenshot / (C) Facebook Inc.


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Eine Stunde später wendet er sich erneut dem Ursprungsthema zu, wobei der Fokus eindeutig auf der angeblich ungerechten Behandlung liegt, die er durch die FB-User und “linken” Medien erfahren zu haben glaubt:

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Es folgt die Teilung eines weiteren “Krone”-Artikels:

Screenshot / (C) Facebook Inc.

… und erneut exzessives Jammern über die Ungerechtigkeit gegen ihn:

Screenshot / (C) Facebook Inc.


Um ein vollständigeres Bild des Umgangs der FPÖ mit diesem Drama zu erhalten, lohnt sich auch ein Blick in ihr Umfeld.

So findet sich auf dem FPÖ-nahen Blog “unzensuriert.at” (Infos zu dem Blog z.B. hier) etwa folgender Beitrag:

Quelle: Screenshot, Unzensuriert.at

Quelle: Screenshot, Unzensuriert.at



Hier wird, dezidiert entgegen der Aussage des Polizeisprechers, weiterhin auf einem angeblich religiös motiviertem Terrorakt bestanden und dazu eine völlig aus der Luft gegriffene Parallele zu den Anschlägen in Frankreich gezogen. 

Zusätzlich wird ein (wiederum jeder Faktengrundlage entbehrender) Bezug zum Grazer Multikultiball hergestellt (kann es sein, dass dabei auch noch - äußerst pietätvoll - ein wenig Schadenfreude mitklingt?).

Interessant war dabei noch der Zeitpunkt:

Quelle: Screenshot, Unzensuriert.at




Zum Zeitpunkt des Erscheinens des Artikels war die Sachlage nämlich bereits längst aufgeklärt. Die Polizei hatte in der Pressekonferenz am Samstagnachmittag betont, dass bei der Tat „kein Zusammenhang mit Fanatismen“ bestehe und es sich um „eine Psychose mit Ausgang im Familienleben“ handle.

Dass dieses zumindest fragwürdige Auftreten von Strache und der FPÖ durchaus Erfolg unter seiner Gefolgschaft hat, zeigen weitere Reaktionen. Exemplarisch hierzu etwa die Tiroler FPÖ-Landtagsabgeordnete Hildegard Schwaiger, die in den letzten Tagen immer wieder von uns thematisiert wurde (und die auch weiterhin Thema bleiben wird):
Screenshot / (C) Facebook Inc.

Frau Schwaiger bedient sich des gleichen Schuldumkehr-Tricks wie Strache, der entweder mangelnder Einsicht oder aber politischem Kalkül entspringt, denn sie, Strache und viele andere wissen, dass viele ihrer Wähler ihnen alles glauben, was sie von sich geben, weil sie es auch glauben wollen. 


Fazit: Gefühllos, verroht, nur auf politisches Kleingeld und Hetze aus. So agiert die FPÖ, vom 47. Zwerg von rechts über parteinahe Medien und Landtagsabgeordnete bis hinauf zum Bundesparteiobmann - sogar bei einer Tragödie wie in Graz geschehen. Sind wir wirklich alleine mit unserer Ansicht, dass da etwas gewaltig falsch läuft?