Montag, 7. Juli 2014

Gastkommentar - Was glauben wir eigentlich, wer wir sind?

Burka hin – Schweinefleisch her ... Die Diskussionen über den „richtigen“ Lebensstil werden immer häufiger. Viele fühlen sich plötzlich eingeschränkt (oder unsicher?), weil andere einen anderen Weg zu leben gefunden haben – und damit sogar zufrieden sind.

Dass der Mensch Neuem gegenüber eher skeptisch gegenüber steht, wissen wir wohl schon länger. ‚Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht’, sagt man so schön. Doch in Zeiten der Globalisierung und des rasenden technischen Fortschritts bleibt uns nichts anderes übrig, als zu versuchen, uns genauso schnell auf das Neue einzustellen.

Bei längerem Überlegen drängt einem sich dann irgendwie die Frage auf:

Warum müssen wir ständig versuchen anderen unseren Lebensstil aufzudrängen?


Meine Gedanken dazu:
Wir kommen uns ach so viel weiterentwickelt vor und schaffen es nicht mal eine Bundeshymne zu haben, die jeder in Ordnung findet. Wir, die 'westliche Welt', sind zwar technologisch und wirtschaftlich anderen voraus, aber menschlich sind wir in meinen Augen eher in der Position 'ziemlich hinten'. Was nutzt mir ein Haus, das mit meinem Auto kommunizieren kann, wenn auf der Straße immer noch Menschen andere Menschen, wegen ihrer Hautfarbe, als minderwertig bezeichnen? Was nützt mir ein Auto, das selbstständig fährt, wenn Menschen andere Menschen einfach so verprügeln - wegen Kleinigkeiten (und das erlebe ich ständig). Unsere ach so fortschrittliche Welt stumpft uns alle ab, entzieht uns nach und nach jeglicher Verantwortung und lässt uns somit auch nach und nach zwischenmenschlich zu Armutschgerln werden. Respekt kennen einige nicht mehr.

Ja, in anderen Ländern wird zu primitiveren Mitteln gegriffen, um ein Leben zu zerstören/beenden. Aber wenn man bei uns so die Prozesse der letzten Jahren verfolgt.. Tierschützerprozess .. dieser arme Josef... das ist auch Leben zerstören - nur auf höherem Niveau. Die Angeklagten haben das 'Glück', ein Leben lang daran knabbern zu können. Psychisch und finanziell.


„Eine Wahl zu haben, heißt auch, diese Wahl auch zu erkennen. Das ist aber nur möglich, wenn der Geist dafür offen ist.“

Es ist in meinen Augen irgendwie ein seltsamer Kreislauf. Das Zitat ist natürlich richtig. Aber je "fortschrittlicher" jemand wird, desto mehr wird irgendwie wieder auf die wirklich wichtigen Dinge vergessen. Es ist so ein "Schau an, wir können unsere Einkäufe bezahlen, indem wir nur noch bei der Kasse vorbeigehen, weil die alles selbständig erkennt und mittels Sensoren oder wasauchimmer meine Kreditkarte erkennt. Wir sind so toll, dieser Fortschritt muss zeigen, dass wir alles richtig machen". Durch diese technologische Weiterentwicklung, die uns somit wirtschaftlich auch nach oben gebracht hat, glauben wir auch, dass wir generell so fortschrittlich sind. Es wird aber komplett auf das Soziale vergessen oder nur das Notwendigste gemacht. 

Wir selbst stellen Menschen vor eine Wahl, doch im Inneren haben wir schon lange entschieden, was für uns richtig und was falsch ist. Wir, die erste Welt, setzen die Marke für die armen Länder - hast du nicht alles so wie wir, bist du rückständig.


Kann man das also auch auf das Tragen einer Burka beziehen?

Wer sind wir eigentlich, dass wir sagen können "Ja nein, also die Burka... das ist die reinste Unterdrückung"? Vielleicht gibt es Frauen, die es wirklich wollen, aus Gründen, die wir nicht nachvollziehen können, weil wir eben nicht die Allwissenden sind. Natürlich gibt es auch Frauen, die dazu gezwungen werden und das ist zu verurteilen. Jeder sollte so leben können wie er möchte. Ob Frau oder Mann, jung oder alt. Unser Weg, zu leben, ist vielleicht fortschrittlicher, aber ob sozial so viel Weiterentwicklung da ist, das wage ich mittlerweile ganz stark zu bezweifeln.

Der nächste Schritt in unserem Bewusstsein sollte und muss der sein, alle so zu respektieren wie sie sind - bei der Wahl des Lebensstils nicht mehr zwischen richtig und falsch zu entscheiden (solange er anderen nicht essentiell schadet). Wir sollten andere Möglichkeiten aufzeigen und es trotzdem akzeptieren, wenn sich jemand nicht so entscheidet, wie wir es machen würden. Denn wie schon anfangs erwähnt, was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. Menschen brauchen Zeit, um sich auf Veränderungen einzulassen. Wir sollten erkennen, dass unser Zusammenleben und der Umgang miteinander auf diesem Planeten wichtig ist – nicht nur für uns, sondern vielmehr für unsere Kinder und Kindeskinder. Die Welt gehört uns allen.

** mit „wir“ wurde in diesem Beitrag im Allgemeinen die Erste Welt bezeichnet und spiegelt natürlich nicht die Einzelmeinung eines jeden wieder.

KKW - ein HoH-Mitglied