Freitag, 25. März 2016

Zwei Seiten einer Medaille


„Der IS und die europäische Rechte brauchen einander wie einen Bissen Brot.“

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(screenshot:www.facebook.com)

Kann nicht sein, oder? Die Rechtsparteien sind doch die, die am schärfsten gegen den IS vorgehen wollen. Sagen sie zumindest. Grenzen schließen, Überwachung verschärfen, Religionsfreiheit de facto aussetzen, polizeiähnliche Laienorganisationen gründen – so wird doch immer von rechts gefordert, ohne Bedacht auf Machbarkeit, Sinnhaftigkeit oder gar ethische Vertretbarkeit - und ganz besonders, wenn der IS wie am 22.03.2016 in Brüssel wieder einmal einen Terroranschlag zu verantworten hat.

Aber wie so oft trügt der Schein. Sehen wir uns einmal die Ziele des IS einerseits und der Rechtsparteien andererseits an. Beide streben eine rückwärtsgewandte, repressive Politik an, jenseits von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, und auch jenseits von Aufklärung und Vernunft. Unterschiede sind zweifellos vorhanden, beschränken sich aber fast auf Kleidungs- und Speisevorschriften, wenn man so will. Die einen wollen verbieten, was die anderen vorschreiben und umgekehrt. 

Grundsätzlich wollen aber beide Seiten eine Revision unserer modernen Gesellschaft erreichen. Und dieses Ziel lässt sich leichter erreichen, wenn man der Bevölkerung Angst macht. Auch diese Strategie ist eine unübersehbare Gemeinsamkeit. Die einen tun dies mit Taten, die anderen mit Worten. Und ohne die Taten der einen Seite gäbe es wenig Grundlage für die Worte der anderen Seite.

Der Terroranschlag in Brüssel war jedenfalls erneut eine willkommene Gelegenheit für die Rechtsparteien, die altbekannten Parolen wieder hervor zu holen und mit noch mehr Nachdruck zu verbreiten. Hat die FPÖ aus vergangenen taktischen Fehlern (man denke zum Beispiel an die Reaktionen von BPO Strache nach der Amokfahrt in Graz vorigen Sommer!) schon gelernt und in ihre Postings nebenbei auch Beileidsbekundungen integriert, war die AfD noch naiv genug, ihre zynische Einstellung und ihre Genugtuung offen zu zeigen.
FireShot Screen Capture #034 - 'Strache und AfD nutzen Anschläge für Zynismus' - www_oe24_at_oesterreich_politik_Strache-und-AfD-nutzen-Anschlaege-fue.png
(screenshot:www.oe24.at)

Dass die Anschläge den Rechtsparteien nutzen werden, liegt auf der Hand. Aber auch der IS profitiert von den Rechtsparteien. Terrorakte haben immer maximale Verbreitung zum Ziel – das heißt, je mehr über den Terror gesprochen wird, desto effektiver ist er.
Und dem IS bleibt ja nicht mehr viel, um Propaganda zu machen. Im mittleren Osten wurden die Vorstöße der Terrortruppen längst ausgebremst, prinzipiell sitzen sie bereits seit einiger Zeit in Rückzugsgefechten fest. Dass viele Syrer nicht nur vor dem IS, sondern auch vor Assads regierungstreuen Truppen fliehen müssen, lässt die schauerlichen „Heldentaten“, mit denen die Terrororganisation in den letzten Jahren Aufsehen erzwungen hat, in den Hintergrund treten. Also muss man beim Westen andere Knöpfe drücken und Anschläge in Europa verüben.

Die Rechtsparteien sorgen dafür, dass diese Anschläge ja nicht in Vergessenheit geraten, denn diese sind ihr bestes Argument. Logisch, dass dies ebenfalls massiv im Interesse der Terroristen ist. Und schon wieder haben wir ein gemeinsames Ziel gefunden.
FireShot Screen Capture #037 - 'Rechtsruck in Europa_ Rechte Parteien sind in Europa auf dem Vormarsch - _' - www_augsburger-allgemeine_de_politik_Rec.png
(screenshot:www.augsburger-allgemeine.de) 

Der Vormarsch der Rechtsparteien in Europa gibt dem schon seit längerem unter Nachwuchsproblemen leidenden IS Gelegenheit, mehr Leute zu rekrutieren. Denn die Rechtsparteien stellen zumindest inoffiziell alle Muslime unter Generalverdacht, eine Verallgemeinerung, die leider auch immer mehr in den common sense der Bevölkerung Einzug findet (Wer kennt nicht den – sachlich falschen - Spruch „Nicht alle Muslime sind Terroristen, aber alle Terroristen sind Muslime!“). Dass junge Muslime, die in Europa geboren sind und sich trotzdem von der Gesellschaft geächtet fühlen, leichte Beute für die Propaganda des IS sind, leuchtet ein.


Alles in allem kann es, wie wir gesehen haben, nur im Interesse des IS sein, dass die Rechtsparteien immer stärker werden. IS und Rechtspopulismus sind also zwei Seiten derselben Medaille.

Und um für einen Moment polemisch zu werden:
Wer Rechtsparteien wählt, handelt im Interesse des IS!