Montag, 3. Februar 2014

Gastkommentar: Warum Rechtspopulisten/Extremisten bei der Wahl zum europäischen Parlament Erfolg haben werden, warum mich das nicht wundert und warum aber die Populisten/Extremisten an der Bildung einer rechten Fraktion scheitern werden – ein Erklärungsversuch.

Im Mai stehen uns Wahlen zum Europäischen Parlament ins Haus und die arrivierten und etablierten „alten“ Parteien aus dem konservativem und sozialdemokratischem Lager sehen diesen mit wenig Optimismus entgegen. Und die Umfragen geben ihnen auch Recht. Rechtspopulistische und rechtsextreme Parteien sind europaweit im Vormarsch. Umfragewerte bis zu 25-30 Prozent sind keine Seltenheit. Wie kann es sein, dass diese Gruppierungen solchen Aufwind erfahren?

Zum einen sind die Probleme hausgemacht. Bei nationalen oder kommunalen Wahlen muss für scheinbar unlösbare Probleme die Union als Sündenbock herhalten, auch bei den sogenannten „Altparteien“. Der abstrakte, nicht greifbare, weit entfernte Schuldige ist leicht positioniert und es mutet dann immer sehr seltsam an, wenn genau von diesen Gruppierungen kurz darauf ein Bekenntnis zum gemeinsamem Europa gegeben und auch gefordert wird. Dass dies die WählerInnen verwirrt und diese dann lieber zum, sowieso immer europakritischen, Schmied gehen, statt zum opportunistisch „dann kritisch wenns passt“ Schmiedl, muss einleuchten.

Zum anderen scheinen die arrivierten und etablierten Parteien, keine wirkungsvollen Antworten auf die Krisen innerhalb und außerhalb der Union zu finden. Man bekommt den Eindruck, dass sich die EntscheidungsträgerInnen der Union durch die Krise hindurchlavarieren wollen, ohne ein klar erkennbares Ziel vor Augen zu haben. Das spielt natürlich auch wieder den europakritischen Kräften, die vor allem im rechten und extrem rechten Spektrum zu finden sind, in die Hände. Wobei man, zumindest in Ansätzen, zugeben muss, dass die Analyse der Rechten nicht ganz unrichtig ist. Die unreglementierte Finanzwirtschaft stellt, auch für mich, die Ursache für die Eurokrise dar. Nur sind die Schlüsse, die sie daraus ziehen, meiner Meinung nach, die grundverkehrten. Eine Rückkehr zu den nationalen Währungen würde diese noch angreifbarer für spekulative Angriffe machen.

Was wir brauchen ist kein Weniger an Europa, sondern ein MEHR! Und damit meine ich nicht mehr Kommission oder mehr Rat sondern mehr Parlament. Die Entscheidungs- und Kontrollrechte des Europaparlamentes müssen ausgeweitet werden. Eine Sozial- und Steuerunion wäre eine logische Weiterentwicklung des gemeinsamen Wirtschaftsraumes und dabei dürfen wir uns nicht am sozial und fiskal niedersten Niveau orientieren. Und weil ein Gewerkschafter auch ein wenig träumen darf, ein europäischer Kollektivvertrag wäre schon auch etwas. Es kann nicht sein, dass sich in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum die öffentliche Verwaltung und die Politik einen Standortwettbewerb über Steuervorteile und arbeitsrechtliche Nivellierung nach unten liefern.

Natürlich gehören auch eine europaweite Finanztransaktionssteuer und eine Qualitätssicherung für diese Unmenge an Finanzprodukten ebenso zu den Bausteinen einer erfolgreichen Konsolidierung der Wirtschaft. ESM und Fiskalpakt können nur „Notfallmedikamente“ für die gemeinsame Währung sein.

Die regierenden Parteien in den einzelnen Unionstaaten, sind sich dieser Ansätze bewusst, bringen sie von Zeit zu Zeit auch wieder aufs Tapet, aber sie sind nicht in der Lage, oder auch nicht Willens, diese notwendigen Dinge in Angriff zu nehmen. Daher werden die Populisten und Extremisten dazugewinnen und genau aus diesen Gründen wundert mich das auch nicht.

Aber es gibt einen winzig kleinen Silberstreifen am Horizont. Die angekündigte – oder sollte ich schreiben angedrohte – gemeinsame Fraktion der rechten Parteien im europäischen Parlament, wird entweder gar nicht zustande kommen, oder wenn doch, nicht lange halten. Das liegt zum einen an ihrer komplett unterschiedlichen Definition des „Außenfeindes“, den sie alle brauchen wie das tägliche Brot. Während die westeuropäische Rechte eher den Islam als die größte Bedrohung postuliert und propagiert, sind es in den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes vor allem die Juden, die immer noch als Feindbild Nummer Eins herhalten müssen. Graduelle Ausnahme bildet hier Bulgarien, das durch seine türkische Minderheit den Islam als zusätzliches Feindbild implantiert. Allen gemein ist ein ausgeprägter Antiziganismus. Dies ist die eine ganz klare Bruchlinie.

Die zweite liegt in den gegenseitigen nationalen Vorurteilen und Vorbehalten. Rechtspopulisten und Extremisten müssen sich auch immer über die „Wir“-Gruppe (das eigene Volk) und die „Anderen“-Gruppe definieren und bedienen sich in diesem Sinne immer wieder rassistischer Vorurteile. In Österreich sehr beliebt der autostehlende Pole, der arbeitsscheue Tscheche, die einbrechenden Rumänen und Bulgaren. Die Liste ließe sich endlos fortführen und von Nation zu Nation abändern. Dies birgt gewaltiges Sprengpotential für eine Fraktion nationalistischer Parteien, denn spätestens wenn nationale Wahlkämpfe anstehen, werden diese Stereotype wieder ausgepackt und werbewirksam unters Volk gebracht. Daher wird eine rechte Fraktion im europäischen Parlament entweder gar nicht entstehen können oder sehr schnell wieder implodieren!

Manfred Walter, Gruppensprecher HoH
Quelle: http://manfredwalter.jimdo.com/europa/