Samstag, 4. Oktober 2014

Die Identitäre Bewegung - der neue kleine Bruder der FPÖ?

Über die “Identitäre Bewegung” und ihre möglichen Ziele und Hintergründe gibt es mittlerweile zahlreiche Veröffentlichungen in diversen Printmedien und im Verlagshandel. Definitiv hat die FPÖ bis zum aktuellen Zeitpunkt auf die Frage, ob und wie weit man sich mit der Identitären Bewegung auf gleicher Linie bewegt, immer abwehrend reagiert.

Zu heikel sind offenbar verschiedene Umstände der Identitären Österreich, wie etwa die Tatsache, dass z.B. der Leiter der Wiener Landesgruppe, Martin Sellner, in der Vergangenheit im Umfeld des momentan in Haft befindlichen Neonazis Gottfried Küssel auftrat. Auch FP-Chef Strache geriet schon viele Male in Erklärungsnot, was seine ebenfalls strittige Vergangenheit in diversen Wehrsportgruppen rund um Gottfried Küssel und die Teilnahme an verbotenen Neonazidemonstrationen betrifft, siehe auch den Bericht auf orf.at. Der inzwischen 25-jährige Sellner behauptet heute, mit dieser Ideologie gebrochen zu haben.

Unstrittig ist, dass etwa die Kundgebung der Identitären im Mai 2014 in mehreren europäischen Ländern auf eindeutig rechtsextremen Weblogs beworben wurde. Eine Tatsache, die IBÖ-Obmann Alexander Markovics unter Zugzwang brachte.

In Österreich sind Identitäre bisher zwar durch, gelinde gesagt, plakativen Aktionismus (man erinnere sich an die gestellte IS-Hinrichtung auf dem Wiener Stephansplatz vor einigen Wochen), aber nicht durch körperliche oder verbale Gewalt aufgefallen. Außerhalb Österreichs hingegen ”spielen” Identitäre jedoch ganz offen mit dem Thema Gewalt; darunter auch in jenen Ländern, mit denen die österreichische Gruppe vernetzt ist. So rufen deutsche Aktivisten in einem Video dazu auf, sich körperlich in Form zu bringen und zwar, „um den Kampf um unser ethnokulturelles Erbe" zu gewinnen und auch das „Schlachtfeld aus Eisen und Muskeln" letztendlich „siegreich zu verlassen". Von Frankreichs Identitären stammt ein YouTube-Video mit dem Titel: „Identitäre Kriegserklärung". In gespenstischer Manier sagen darin Jugendliche „Multikulturalismus" und „Islamisierung" den Kampf an.

Alle diese Tatsachen dürften der offiziellen FPÖ zu brisant sein, als dass sie offen zu einer Partnerschaft mit der Identitären Bewegung (IB) stehen würde. Dass aber hinter den Kulissen mehr als nur gegenseitige Sympathie zwischen den beiden Rechts-Gruppen herrschen dürfte, zeigt aktuell ein Beispiel auf der Facebookseite “Linksextremismus stoppen” - eine Seite, die vom jungen RFJ-Obmann aus Gänserndorf Markus Ripfl betrieben wird, der schon des Öfteren durch fragwürdige Aktionen am rechten Rand aufgefallen ist. 

Dabei échauffiert sich der Betreiber über einen Beitrag der “autonomen Antifa”, die aufgrund einer Aktion der Identitären in Wien mit dem plakativen Slogan “Fight Nazis” zum Widerstand aufruft. “Linksextremismus stoppen” geht dabei nur auf den Slogan ein und verteidigt die Identitären, indem auf der Seite von “jungen Patrioten” berichtet wird, die zwar “rechts aber keine Nazis” seien.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Ein User antwortet prompt mit der Behauptung, dass man bei der IB durchaus von “getarnten Nazis” sprechen könne . . .


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Als Beleg fügt der User ein Foto hinzu, das den Leiter der Wiener Landesgruppe, Martin Sellner, mit mehreren mutmaßlichen Neonazis rund um Gottfried Küssel beim Gang zu einer Gedenkfeier an einen gefallenen Nationalsozialisten zeigt:




































Screenshot / (C) Facebook Inc.

Nun würde man erwarten, dass der Betreiber der Seite verschiedene Argumente bereit hat, die man bei solchen Anschuldigungen bringen würde. Sellner selbst, wie auch Strache beispielsweise, betonten immer, dass diese Zeit lange her sei, man sich von solchen Gesinnungen gelöst hätte usw.

Stattdessen wird der Beitrag des Users samt Belegfoto kommentarlos gelöscht, wie der folgende Screenshot belegt. Genau über dem Kommentar des Users, der sich so sehr über “Gutmenschen” beschwert, stand vorhin noch der Kommentar mit dem Foto Sellners.


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Nun stellt sich natürlich die Frage, weshalb sich ein RFJ-Obmann so sehr hinter die Identitäre Bewegung stellt, dass er dafür sogar manipulativ eingreift, indem er kritische Kommentare ohne jegliche weitere Möglichkeit zur Diskussion löscht, wo die FPÖ offiziell doch mit der Identitären Bewegung überhaupt nichts zu tun haben will.

Aber Markus Ripfl ist nicht der einzige Politiker aus FPÖ-Kreisen, der Sympathien für die Identitären offen zur Schau stellt. Nach und nach zeigen sich immer mehr Belege für gegenseitige Werbeaktionen, wie etwa der Facebook-Eintrag von Werner Königshofer.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Königshofer war in der Vergangenheit bereits Mitglied bei der NDP Österreich, die wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung verboten wurde. Danach wurde er Mitglied bei der FPÖ und brachte es dort bis zum Nationalratsabgeordneten. Im März 2011 wurde bekannt, dass Königshofer die rechtsextremistische Internetplattform Alpen-Donau.info mit Materialien versorgte. Mitte 2011 wurde bekannt, dass Königshofer auf Facebook aktiv Freundschaften mit bekennenden Nationalsozialisten unterhielt und in Kommentaren dort die Terroranschläge in Norwegen mit der Fristenregelung aufrechnete. Am 28. Juli 2011 wurde Königshofer von der Parteiführung wegen „parteischädigenden Verhaltens“ aus der Partei und dem Parlamentsklub der FPÖ ausgeschlossen.

Der Ex-FPÖler ist politisch noch immer höchst aktiv und in der öffentlich einsehbaren Facebook-Gruppe “FPÖ” wird der Ruf laut, Königshofer einen Wiedereintritt in die FPÖ zu ermöglichen und Strategien dazu besprochen.

Selbstredend, dass Königshofer auch in der Facebook-Gruppe “FPÖ” fleißig Werbung für die IB macht:



































Screenshot / (C) Facebook Inc.

Aber auch viele weitere aktive FPÖ-Funktionäre zeigen immer wieder Interesse an der IB, wie z.B. GR Manfred Pühringer aus Linz...


Screenshot / (C) Facebook Inc.

… oder Heinz Wieser, Bezirksrat in Wien.

Screenshot / (C) Facebook Inc.

Werner Wassicek - Landesobmann des RFJ Burgenland - warb sogar per offizieller Ausschreibung für die Identitäre Bewegung:



Obwohl sich die IB anfangs von der FPÖ distanziert hat, spürt man mittlerweile eine stetig wachsende Zusammenarbeit. Den neuen Rechten, die sich hinter einer intellektuellen Fassade verbergen, wird der Weg bereitet, um die WählerInnen aufzufangen, denen die FPÖ zu populistisch vorgeht.