Wir bekommen fast täglich Zuschriften, uns die Seiten “SOS-Österreich” und “Österreich hat schon genug Ausländer! Stoppt die regelrechte Überflutung” (im Folgenden “Genug Ausländer”) sowie “JA!! zu: Österreich ohne Minarette!!!” anzusehen. Was wir bisher niemanden verraten haben ist, dass wir seit Monaten versuchen, die BetreiberInnen und die Hintermänner dieser Seiten auszuforschen. Und wir hatten Erfolg! Eine Recherche, an der sich so manche Zeitung und so manche Institution bisher aus einem ganz einfachen Grund die Zähne ausgebissen hat: es fehlten die technischen Mittel, die Infrastruktur sowie das notwendige Personal ein solches Vorhaben zu realisieren.
Nach den WKR-Ball-Protesten hat sich die FPÖ ganz besonders darauf eingeschossen, dass die Seite "nowkr.at" im Besitz der Jungen Grünen ist, weil diese als Domaininhaber aufscheinen und weil FunktionärInnen für dieser Seite Werbung gemacht haben. Dies spielt uns nun nicht unwesentlich in die Hände.
Wir konnten nämlich bei den Seiten “SOS-Österreich” und “Genug Ausländer” eine Konstante feststellen: Diese werden von FPÖ-FunktionärInnen betrieben, eine sehr große Anzahl von FunktionärInnen bewerben sie, und es wird dort Werbung für die FPÖ gemacht. Folgt man der oben beschriebenen Argumentation der FPÖ, kann man also behaupten, dass die Seiten von der FPÖ selbst betrieben werden.
Wir haben dafür 311 FPÖ-Facebook-Seiten, über tausend Profile, tausende von Postings und unzählige Querverbindungen überprüft und daraus ein Dossier erstellt, welches selbst für uns unerwartete Dimensionen angenommen hat: Allein das Material für die Presse umfasst 57 Seiten (und das ist nur die Zusammenfassung).
Wir werden in den folgenden Artikeln die Arbeitsweise und Hintergründe der Seiten “SOS-Österreich”, “Genug Ausländer” und “Ja! Für ein Österreich ohne Minarette”, sowie die Verschränkung mit FunktionärInnen und deren Werbung veröffentlichen.
Uns ist bewusst, dass die veröffentlichte Materie weniger einen Krimi, sondern vielmehr eine Präsentation knallharter und verstörender Fakten darstellt. Und dass dies zu einem Aufschrei innerhalb der “freiheitlichen” Partei Österreichs führen wird. Eine Partei, welche sich selbst nach außen hin immer wieder damit verteidigt, jede Art von Extremismus abzulehnen. Eine Partei, welche nun überführt wird, mutmaßlich selbst für eine der größten Schmutz-Kampagnen im österreichischen Teil des Internets verantwortlich zu sein. Und das teils mit strafrechtlicher Relevanz.
Was wir vorab erklären möchten:
Wenn Sie eine Seite mit Ihrem persönlichen Profil liken, so scheint nicht nur auf Ihrem Profil diese Information auf, sondern jeder Freund von Ihnen, der die Facebook-Seiten aufruft, bekommt Sie bei der Liste “Diesen Freunden gefällt diese Seite” angezeigt. Wenn man Seitenbetreiber ist, so scheint die Vorliebe der Seite prominent auf der Seite auf. Alles in Allem: Sie liken etwas und machen gleichzeitig Werbung für diese Seite. So funktionieren soziale Netzwerke.
So sieht es aus, wenn Sie eine Seite liken (statt dem Farbbalken bitte die Fotos der Freunde vorstellen).
Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Und so werden auf Facebook die von einer Seite “gelikeden” anderen Seiten präsentiert:
Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Wenn man als Facebook-Seite eine andere Seite “liken” möchte, ist der Vorgang nicht gerade sehr einfach und kann nicht versehentlich eingeleitet werden. Man muss sich gezielt auf das Profil der Seite ummelden. Dann muss die Adresse der Seite eingegeben werden und dort auf “Gefällt mir” geklickt werden. Dass dies unabsichtlich oder zufällig geschieht, kann nahezu ausgeschlossen werden.
Dass man als Benutzer eine Seite liked, die man selbst nicht mag, kann schon einmal vorkommen.
Aber:
Aber:
- Es fällt einem spätestens auf, wenn die Seite einen Inhalt postet: denn dann sieht man, wenn man in Facebook einsteigt, diese Meldung bei seinen “Neuigkeiten” und könnte mittels drei Klicks diese sofort wieder ent-”liken”. Nach spätestens ein paar Beiträgen der Seite sollte man also mitbekommen, dass man die Seite geliked hat.
- Ein Like erfordert immer eine Interaktion. Man kann Likes vorgeschlagen bekommen, muss jedoch auch dort explizit auf “Gefällt mir” klicken. Ein Like kann nicht von anderen Personen für einen Nutzer gesetzt werden. (Bei Einladungen in Gruppen hat man diese Möglichkeit).
SOS-Österreich
Diese Seite ist in dieser Causa etwas wirklich besonderes: es ist nicht nur eine Facebook-Seite, sondern die Fortführung eines sehr erfolgreichen Blogs: sosheimat.wordpress.com. Dieser Blog existierte jahrelang und verschiedene Zeitungen haben versucht, den/die UrheberInnen ausfindig zu machen. Diesen konnten wir herausfinden - es handelt sich dabei mutmaßlich um das Vorstandsmitglied der FPÖ Gänserndorf in NÖ, Daniel Weber.
Wir hatten am Jahresbeginn einen Artikel im Profil und einen Artikel auf unserer Seite, wo uns interessantes Material durch Zufall in die Hände fiel. Bei der Durchsicht von Archiv-Material sind wir auf eine E-Mail gestoßen, deren Absender ein Benutzer mit dem Namen “DAN WEBER” war. Die E-Mail wurde aus der Umgebung von Wien verschickt, und mittels Screenshots konnten wir einen Austausch über ein Oktoberfest im Jahr 2011 sichern. Eine Recherche unmittelbar vor dem Druck des Profil-Artikels ergab ebendiesen Daniel Weber aus Gänserndorf, was sich auch nach diversen Chats in dessen persönlichen Umfeld bestätigte. Ja, oftmals sind es die kleinen Zufälle, die uns auf die richtige Fährte bringen.
Besonders augenscheinlich war die Tatsache, dass genau dieser Benutzer seinen Account unmittelbar nach dem Profilartikel deaktivierte - was dadurch leicht erkennbar war, da er auch Administrator diverser Facebook-Gruppen war, die wir immer genau im Auge behalten. Mittlerweile wurde der Account wieder aktiviert, nach der Anfrage von NEWS am 04.03 erneut deaktiviert. Unauffällig ist etwas Anderes.
Die Facebook-Seite SOS Österreich wurde aus unserer Sicht professionell betrieben. Dies erkennt man etwa an der hohen Frequenz der Postings sowie deren zeitliche Verteilung über den Tag:
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Grafik / (C) HoH |
Erklärung: jeder blaue Punkt stellt eine Stunde dar in dem Postings ins Netz gestellt wurden. Je mehr der Punkt ins violette geht, desto mehr Postings wurden in der Stunde online gestellt.
Besonders an den Postingzeiten sowie an den Wochentagen ist erkennbar, dass es sich dabei um einen Fulltimejob handelte:
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Grafik (C) HoH |
Daran ist erkennbar, dass der "Arbeitstag" der Admins um ca. 7 Uhr begann, und bis 23 Uhr in der Nacht dauerte.
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Grafik (C) HoH |
Auch an der Verteilung über die Wochentage ist ersichtlich, dass die ganze Woche über gepostet wurde.
Der Blog (nicht die dazugehörige FB Seite) wurde von HC Strache aktiv beworben:
Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Christian Höbart (FPÖ Nationalratsabgeordneter) gratulierte Daniel Weber übrigens recht interessant zum Geburtstag. Interessant ist auch, dass Andrea Kellner, welche die Administratorin der Skandal-Facebook-Gruppe "Wir stehen zur FPÖ!" ist, von seinem Urlaub wusste.
Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Administriert wird diese Seite mutmaßlich von:
- Daniel Weber, FPÖ-Vorstand Gänserndorf
- Walter Gall, FPÖ-Ortsparteiobmann Theresienfeld
- Odo Döschl, Stv. Schriftführer FPÖ Schwechat
Der Blog "SOS-Heimat" wurde mutmaßlich administriert von Daniel Weber.
Österreich hat schon genug Ausländer, stoppt die regelrechte Überflutung
Eine Seite mit mehr als 21.000 Likes - eine beachtliche Zahl. Ein Posting, welches dort abgesetzt wird, sehen aus unserer Beobachtung im Schnitt 10.000 Personen. Postings, welche die Gemüter anheizen und oft kommentiert oder gar “geteilt” werden, können von ungleich mehr Personen gesehen werden und man erreicht schnell eine Reichweite, die mit der einer durchschnittlichen Tageszeitung (wie derStandard oder Kurier) vergleichbar ist. Einzelne Beiträge unserer Facebook-Seite “Heimat ohne Hass” erreichten über 100.000 Views - eine Facebook-Seite stellt damit ein nicht zu unterschätzendes Medium dar.
Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Der von “Genug Ausländer” gepostete “Witz” wurde beispielsweise von 911 Personen geliked und 1.261 mal geteilt. Als Vergleichswert kann man den am weitesten geteilten Artikel von “Gegen die FPÖ in der Regierung” heranziehen:
Dient zur Veranschaulichung, Quelle: "Gegen die FPÖ in der Regierung" Posting zu Ute Bock Screenshot / (C) Facebook Inc. |
Man sieht damit, wie schnell die Reichweite unglaubliche Dimensionen annehmen kann, und das nur durch die virale Verbreitung des Inhaltes.
Auch die Seite "SOS Österreich" musste aus unserer Sicht professionell betrieben worden sein:
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Grafik (C) HoH |
Erklärung: jeder blaue Punkt stellt eine Stunde dar in dem Postings ins Netz gestellt wurden. Je mehr der Punkt ins violette geht, desto mehr Postings wurden in der Stunde online gestellt.
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Grafik (C) HoH |
An den Postingzeiten ist erkennbar, dass der Arbeitstag der Admins von ca. 9 Uhr bis Mitternacht dauerte.
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Grafik (C) HoH |
Über den Wochenverlauf gesehen wird ersichtlich, dass die gesamte Woche gleichmäßig gepostet wurde.
Administriert wird diese Seite mutmaßlich von:
- Daniel Weber, FPÖ Funktionär (Vorstandsmitglied) Gänserndorf, NÖ
- Christian S.
JA!! zu: Österreich ohne Minarette!!!
Diese Seite wird von Robert Faller, einem Neonazi, betrieben. Faller, Führungskader der im Jahr 2007 als Partei anerkannten rechtsextremen Gruppierung “Nationale Volkspartei” (NVP), wurde zuletzt im März 2012 wegen NS-Wiederbetätigung zu einer (damals nicht rechtskräftigen) bedingten Haftstrafe von 18 Monaten verurteilt. Faller kann zwar keine direkte Funktion in der FPÖ nachgewiesen werden, er dürfte aber dennoch in gutem Kontakt zu einigen FPÖ-FunktionärInnen stehen. Er weist zum Beispiel folgende Facebook-Freundschaften auf:
- Günther H., ehem. Bundesparteiobmann Stv. der freiheitlichen Unternehmer
- Peter Samt, FPÖ Landtagsabgeordneter Steiermark
- Account “Unser Hoamtgfühl”, welcher wiederum Daniel Weber (Administrator von SOS Österreich/SOS Heimat) zugeordnet werden konnte.
- Johann Gudenus, FPÖ Bundesparteiobmann Stv., Abgeordneter Landtag Wien (Mai 2013)
- Dieter Egger, FPÖ Klubobmann Vorarlberg (Mai 2013)
Weshalb ist diese Seite so besonders, auch wenn sie nicht direkt von FPÖ-FunktionärInnen betrieben wird? Sie wird von zahlreichen FPÖ-FunktionärInnen beworben. Unter anderem von Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache:
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Grafik (C) HoH |
Auf dieser Seite, die eng mit der rechtsextremen Szene verstrickt sein dürfte, finden sich zwar keine strafrechtlich relevanten Postings des Seitenbetreibers (dieser dürfte nach seiner Verurteilung deutlich vorsichtiger geworden sein), jedoch eine große Anzahl strafrechtlich relevanter Kommentare.
Interessant ist das jedoch besonders insofern, da Heinz-Christian Strache die Facebook-Seite eines verurteilten Neonazis liked.
Administriert wird diese Seite mutmaßlich von:
- Robert Faller
Fazit:
Die Seiten "SOS Österreich" sowie "Österreich hat schon genug Ausländer" werden mutmaßlich von FPÖ FunktionärInnen betrieben und von vielen aktiv beworben. Außerdem lässt die Postingfrequenz darauf schließen, dass sie professionell betreut werden. Geteilt werden dabei direkt Inhalte der FPÖ oder solche, die Positionen der FPÖ vertreten.
Somit: Die Seiten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit FPÖ-Seiten!
Wie geht es weiter:
- Wir werden den Medien Zugriff auf die gesamte Recherche geben.
- Wir werden die Recherche-Zusammenfassung (insgesamt über 50 Seiten) sowie das dazugehörige Bildmaterial zum Download bereitstellen.
Nachdem nun die FPÖ mit Sicherheit wieder mit der Strategie "NEWS-Nicht ein Wort stimmt" kommen wird, sollte man sich vielleicht dies mal etwas genauer durchlesen....