Freitag, 29. November 2013

Antisemitismus in Österreich - Beispiel Kroneforum

Ausgangspunkt dieses Artikels wäre eigentlich ein recht erfreulicher, nämlich eine Krone- Reportage über das Zusammentreffen eines polnischen Juden mit dem Mann, der ihn vor den Nazis versteckte und ihm damit vermutlich das Leben rettete. Hier der Anreißertext:
Nach fast 70 Jahren haben sich ein in die USA ausgewanderter Holocaust-Überlebender und sein polnischer Retter erstmals wiedergetroffen: Herzlich begrüßten sich der 79-jährige US-Bürger Leon Gersten und der 81-jährige Pole Czeslaw Polziec am Mittwoch am New Yorker JFK-Flughafen. Polziecs Eltern hatten die jüdische Familie Gersten von 1942 bis 1944 vor den Nazis versteckt. Seit sie als Kinder voneinander Abschied nahmen, sahen sie sich nicht wieder.
Warum sehen wir uns genötigt, über diesen Artikel zu berichten? Nun, anscheinend reicht bereits die Erwähnung des Begriffs “Jude”- egal in welchem Kontext - aus, um bei manchen unserer MitbürgerInnen antisemitische Reflexe und Relativierungen der Nazi-Gräueltaten auszulösen:
Beispielsweise wurde die Vertreibung der Sudetendeutschen aus Tschechien als Gegenargument für den Holocaust angeführt...
Screenshot / (C) Krone.at
Um die Frage des folgenden Users zu beantworten, sei hier Max Mannheim, Holocaustüberlebender, zitiert: “Ihr seid nicht dafür verantwortlich, was passiert ist, aber dafür, dass es nicht wieder passiert!”
Screenshot / (C) Krone.at
Der Versuch, die Verbrechen der eigenen Vergangenheit dadurch zu rechtfertigen, dass auch in anderen Ländern grausame Gewalttaten begangen werden, ist hingegen ein altvertrautes und ziemlich kindisches Vorgehen, das in rechten Kreisen sehr beliebt ist.
Screenshot / (C) Krone.at
Ab hier wird es richtig hässlich. Während in den oberen Kommentaren Antisemitismus noch zumindest versteckt durchklingt, wird er in den folgenden Kommentaren ganz offen präsentiert.
Beginnen wir mit der völlig abstrusen Idee, die Verbrechen der Nazis seien in irgendeiner Form durch das während der Türkenbelagerung erlittene Leid zu rechtfertigen. Noch mehr Kopfzerbrechen bereitet uns fast, dass zwanzig Personen anscheinend derselben Meinung sind:
Screenshot / (C) Krone.at
Klassische (neo)nationalsozialistische Argumentationsmuster bedient der/die folgende UserIn:
Screenshot / (C) Krone.at
Screenshot / (C) Krone.at
Natürlich darf auch nicht fehlen, dass jemand den eigentlich erfreulichen Artikel dazu nutzt, um seinen Wunsch zu äußern, Israel solle mit einer Atombombe ausradiert werden.
Screenshot / (C) Krone.at
Diese Kommentare zeigen uns folgendes:
  1. Antisemitismus und Verharmlosung von Verbrechen an den Juden sind in Österreich leider Gottes immer noch weit davon entfernt, im Verschwinden begriffen zu sein. Die Frage, warum es notwendig ist, immer und immer wieder auf die schrecklichen Vorkommnisse zur Zeit des Nationalsozialismus hinzuweisen, erübrigt sich damit für uns. 
  2. Die Krone fällt uns (und auch Ihnen, liebe LeserInnen, wie Sie uns mitteilen) immer wieder durch rassistische und menschenverachtende, teils sogar strafrechtlich bedenkliche Forenbeiträge auf. Wir können daraus nur den Schluss ziehen, dass die Krone a) solche Beiträge bewusst (vielleicht weil sie sie unterstützt, vielleicht weil es der Quote dient, vielleicht weil man dieses spezielle Publikum ansprechen möchte) in Kauf nimmt, oder b) nicht in der Lage ist, ihr Forum so zu verwalten, dass es den Kriterien eines demokratischen Meinungsaustausches entspricht, anstatt RassistInnen als geistige Müllhalde zu dienen.