Die Tricks der Verfasser von Hate-Mails werden immer frecher und gleichzeitig dümmer. Die „Rumänen-Mail“ ist seit mehr als einem Jahr im Umlauf. In ihr wird behauptet, dass „Rumänen“ und „Bulgaren“ häufig einen Wohnsitz in Österreich anmelden, um hier Pension zu beziehen.
Als Verfasserin wird seit neuestem eine Frau im Stadtschulrat Wien genannt – ein halbamtliches Dokument sozusagen. Wer lügt und hetzt da?
Die Frau im Wiener Stadtschulrat, die als Verfasserin der Hass-Mail mit ihrer amtlichen Telefon-Nummer angegeben ist, ist es nicht. Seit November des Vorjahres erhält sie Anrufe und Mails zu der „Rumänen“ -Mail, die angeblich von ihr stammen soll. Ein Mandatar habe die angeblich von ihr stammendeMail sogar auf seine Homepage gestellt, sie nach ihrem Einspruch aber wieder entfernt. Von den einen wird sie beschimpft für die Mail, von den anderen gelobt und um weitere Verbreitung gebeten. Einige scheinen genau darauf abzuzielen: Frau Margarete P. soll doch die Mail an diese und jene Adresse weiterleiten. Darunter sind auch Anfragen einer gewissen Partei, sagt sie.
Frau P. macht das natürlich nicht. Sie verschickt als Antwort Mails mit den Stellungnahmen von SPÖ, ÖVP und Sozialministerium . Der Stadtschulrat habe den Missbrauch ihres Namens und der amtlichen Absender-Adresse geprüft. Da die Mails massenhaft verschickt würden, seien die tatsächlichen Urheber nicht auszumachen. Fazit: Da könne man kaum was machen.
Wirklich nicht? Die „Rumänen“-Mail ist jedenfalls seit Oktober 2010 im Umlauf. Damals wurden wir zum ersten Mal auf sie aufmerksam gemacht. Seither kursiert sie in leicht veränderten Varianten. Margarete P. scheint erstmals im Dezember 2011 als Verfasserin der Botschaft im Internet auf.
Die Presse schreibt dazu folgendes:
Mindestpension: Schranken gegen Sozialtourismus
Verschärfung unterbindet nun Zuzug für EU-Bürger wegen höherer Pension. Um sich legal in Österreich aufzuhalten, müssen ausreichend finanzielle Mittel für den Lebensunterhalt nachgewiesen werden.
Wien. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren hat die Bundesregierung Maßnahmen getroffen, um dem Missbrauch von Sozialleistungen durch Ausländer aus der EU einen Riegel vorzuschieben. Die Möglichkeit, nach Österreich zu ziehen – weil vor allem in den neuen EU-Staaten nur geringe Pensionen ausbezahlt werden – und sich hier diese Pension mittels Ausgleichszulage aufzufetten, wird unterbunden. Diese bisher wenig beachtete neuerliche Verschärfung wurde, wie das Sozialministerium der „Presse“ bestätigt, im Zuge der Budgetbegleitgesetze für 2011 vorgenommen. Bereits Anfang 2010 waren strengere Auflagen für die Auszahlung von Ausgleichszulagen beschlossen worden, um Pensionsbetrug durch Ausländer zu verhindern.
Die jetzige Änderung ist allerdings viel weitreichender und setzt beim Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz für Ausländer an. Um sich legal in Österreich aufzuhalten, müssen ausreichend finanzielle Mittel für den Lebensunterhalt nachgewiesen werden. Der entscheidende Punkt: Die Ausgleichszulage, auf die erst nach der legalen Niederlassung in Österreich ein Anspruch besteht, reicht nun nicht mehr dafür aus. Wenn nur eine geringe eigene Pension aus dem Heimatland vorliegt, kann kein Aufenthaltsrecht mehr erworben werden.
Wohnsitz als Voraussetzung
Hintergrund für die Schranken ist, dass grundsätzlich nicht nur Österreicher, sondern auch Personen aus anderen EU-Staaten laut Europarecht Anspruch auf eine Ausgleichszulage in Österreich haben. Voraussetzung war aber schon bisher, dass diese EU-Bürger nachweislich in Österreich ihren Wohnsitz haben. Wegen des Verdachts, dass es sich bloß um Scheinanmeldungen handeln könnte, wurden nun zweimal gesetzliche Riegel gegen Sozialtourismus eingeschoben. Die Einschränkung steht in Zusammenhang damit, dass bei vielen Österreichern kein Verständnis für Sparmaßnahmen und Pensionsreformen herrscht, wenn gleichzeitig Missbräuche durch Ausländer möglich sind.
Mit der Ausgleichszulage wird eine niedrige oder fehlende Eigenpension bis zur Höhe einer Mindestpension von 793 Euro brutto für Alleinstehende im Monat erhöht. Das ist attraktiv für Bürger aus neuen osteuropäischen EU-Staaten wie Rumänien oder Bulgarien. Im Vorjahr wurden von der Sozialversicherung allerdings nur rund 550 Bezieher einer Ausgleichszulage, die nur eine niedrige ausländische Pension haben, registriert. Die Mehrheit, rund 360, kam außerdem aus Deutschland.
„Missbrauchssicher machen“
„Trotzdem muss man das missbrauchssicher machen“, wird im Sozialministerium betont. Der Verfassungsdienst hatte gegen die Änderungen durch Minister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) keine rechtlichen Einwände. Im Ministerium wird betont, dass es sich bei der Ausgleichszulage um eine Transferleistung und nicht wie bei einer Pension um eine Versicherungsleistung handle. Daher werde die Ausgleichszulage, wie andere Leistungen der öffentlichen Hand, etwa Kinderbetreuungsgeld, nicht mehr als Nachweis für den Lebensunterhalt berücksichtigt.
Bereits 2010 wurde die Mitwirkungspflicht der Fremdenpolizei zur Prüfung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts in Österreich verstärkt, die Vorlage eines Meldezettels alleine reicht bei Ausländern nicht für den Bezug einer Ausgleichszulage. Außerdem wurden die Pensionsversicherungsanstalten ermächtigt, wenn der Verdacht besteht, dass jemand nicht dauerhaft in Österreich lebt, auf eine Barauszahlung umzustellen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2011)