Dienstag, 30. Dezember 2014

2014 - das rechte Lügenjahr

Wieder liegt ein recherchereiches Jahr hinter uns und überall liest man von Jahresrückblicken. Auch wir präsentieren Ihnen folgend einen bunten Strauß aus der Lügen- und Hetzkiste 2014 der politisch rechten Hälfte Österreichs in chronologischer Auflistung - der Artikel wurde dann doch etwas länger als üblich.



Lüge #1: Der Kufstein-Nikolo

Den Startschuss machten im Jahr 2014 eigentlich noch die Nachwehen einer vieler Nikolo-Lügen aus dem Jahr 2013, die die FPÖ alljährlich hartnäckig zu forcieren versucht. Dieses Mal handelte es sich um eine angebliche Attacke durch muslimische StaatsbürgerInnen auf einen Nikolo in einem Einkaufszentrum in Kufstein.
Screenshot / (C) Facebook Inc

Wir recherchierten noch am selben Tag und die Geschichte entpuppte sich als Hoax, sogar in den Kommentaren der zahlreichen FPÖ-Facebookseiten, welche die Geschichte verbreiteten, fanden sich immer wieder Hinweise und Richtigstellungen von offenbar persönlichen Augenzeugen.


Screenshot / (C) Facebook Inc.

Dennoch wurde die Hetzstory wider besseren Wissens weiter verbreitet und das, obwohl eben in Kufstein erst im Jahr 2011 ein Brandanschlag auf eine muslimische Einrichtung verübt wurde.

Die ganze Geschichte zum Kufstein-Nikolo finden Sie hier:



Lüge #2: Strache postet falsche Bilder von Akademikerball-Demo

Wie bekannt ist, kam es bei den Demonstrationen gegen den Akademikerball der FPÖ in der Wiener Hofburg leider zu Ausschreitungen. FPÖ-Chef Strache war das allerdings nicht spektakulär genug, so setzte er noch eins oben drauf und postete etwa Bilder von brennenden Straßenblockaden oder vom sogenannten “Schwarzen Block”, die nachweislich nicht von den Krawallen in Wien stammen.

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Hier etwa das Originalfoto der brennenden Blockade aus der Türkei aus dem Jahr 2012:


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Lüge #3: Moslem kreuzigt Hund

Ronny Zöchmeister, Landtagskandidat der FPÖ Niederösterreich, teilte ein hetzerisches Foto auf seinem Profil. Es zeigte einen jungen Mann mit einem gekreuzigten kleinen Hund. Auf die Abscheulichkeit dieser Tat braucht man nicht extra hinzuweisen, auch wir verurteilen diese aufs Schärfste. Dennoch fällt die hetzerische Überschrift und der englische Begleittext dazu auf, in dem suggeriert wird, dass es sich bei dem jungen Mann um einen Moslem handelt und solche Praktiken bei Muslimen “normal” wären.

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Tatsächlich stammt das Foto aus Tecate in Mexiko, wo die zuständigen Behörden bereits mit dem Fall befasst sind. Da in Mexiko über 82 Prozent der Bevölkerung römisch-katholisch und nur 0,36 Prozent Anhänger einer nichtchristlichen Religion sind, kann man die Überschrift getrost als Falschmeldung, ja sogar als dreiste Lüge bezeichnen. Schade, dass Herr Zöchmeister diese hetzerische Lüge teilt, ohne selbst zu recherchieren.

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Lüge #4: Höbart verbreitet deutsche Zahlen für Hetze in Österreich

Im Feber 2014 verbreitete Christian Höbart (FPÖ-Nationalratsabgeordneter) einen Bescheid einer deutschen Asylwerberfamilie, wobei die hauptsächliche Aufregung darin besteht, dass die Familie über 3500 EUR Hilfe bekommt. 
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Das Beispiel ist in rechten und rechtsextremen Kreisen weit verbreitet und stammt ursprünglich von der vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestellten “Bürgerbewegung Pro NRW”. Tatsächlich handelt es sich bei dem Beispiel um einen Sonderfall mit einem behinderten Familienmitglied und der daraus resultierenden “Eingliederungshilfe”, die in dem Bescheid mit EUR 2.262,50 ausgewiesen wird. Der Begriff “Eingliederungshilfe” kommt aus der Pflege, bezeichnet in Deutschland die Betreuung für behinderte Menschen und hat mit Nationalität, Herkunft oder Asylstatus nicht das Geringste zu tun.


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Lüge #5: Die selbe Leier, anderes Kleid - deutsche Zahlen mit “Eingliederungshilfe”

Einige Wochen nach der Veröffentlichung der Zahlen von Christian Höbart, machte wiedermal die oben beschriebene Hetzgeschichte in verschiedenen FPÖ-nahen Facebook-Gruppen die Runde. Dieses mal handelte es sich jedoch um die direkte “Bildversion” der vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestellten “Bürgerbewegung Pro NRW”, die Christian Höbart als Politiker wahrscheinlich zum Verhängnis geworden wäre:


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Abgesehen von der Aufmachung handelt es sich um das selbe Beispiel mit der Sonderhilfe für behinderte Menschen wie im letzten Punkt, allerdings gibt es hierzu auch ein aufschlussreiches Video aus Deutschland, das dieses Beispiel erläutert:






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Lüge #6: Das Mädchen mit dem zugenähtem Gesicht

Im April 2014 machte ein sehr verstörender Artikel in FPÖ-nahen Facebook-Gruppen die Runde, der davon berichtet, dass ein Mädchen in Saudi Arabien von Muslimen angeblich das Gesicht zugenäht worden sei, nur weil sie gesagt haben soll: ”Jesus - Frieden sei auf ihm - ist mein persönlicher Beschützer”.

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Recherchiert man nach, kommt man auf anti-muslimische Seiten, die sogar ein angebliches vorher-nachher Foto des Mädchens präsentieren.




Tatsächlich aber ist die Geschichte völlig frei erfunden. Es handelt sich bei dem Mädchen um eine Japanerin aus der dort wachsenden “Body-Modifikations-Szene”, die an sich freiwillig eine - zugegeben, für den europäischen Betrachter ziemlich verstörende - “Schönheitsoperation” von dem japanischen Künstler Ryoichi “Keroppy” Maeda machen ließ. Das Originalfoto des Mädchens, sowie weitere ähnliche Body-Modifikations sind in der Homepage von Ryoichi “Keroppy” Maeda zu finden.





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Lüge #7: Ebola-Alarm in Italien

Der Ausbruch der Ebola-Epidemie in Afrika bescherte rechten HetzerInnen eine fast unerschöpfliche Quelle, um mit einem Schlag Stimmung gegen gleich mehrere Feindbilder zu machen. Man verknüpfte das Virus mit Dunkelhäutigen, AsylwerberInnen, DrogendealerInnen, sogar mit MuslimInnen und der europäischen Union. Anbei ein Beispiel aus der FPÖ-nahen Facebook-Gruppe “Patrioten Österreichs”, aber auch der Ex-FPÖler Werner Königshofer nützt das Thema heute noch, um Propaganda und Hetzgeschichten vor allem in der verhaltensauffälligen Facebook-Gruppe “FPÖ” an den Mann und die Frau zu bringen.

In dem konkreten Beispiel wurde ein Artikel geteilt, der sich hauptsächlich auf rechtsextremen Seiten wiederfindet und von einem angeblichen Ebola-Fall in Italien handelt. Weiters wird natürlich hauptsächlich über dunkelhäutige AsylwerberInnen hergezogen. 

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Doch wie so oft, handelt es sich hier um einen Hoax. Die Geschichte wurde frei erfunden, was aber dem zweifelhaften Erfolg der Geschichte auch heute noch keinen Abbruch tut.




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Lüge #8: NaAbg. Deimek behauptet, existenzbedrohte Mutter lebe in Luxus

Im Herbst 2013 wurde vom oberösterreichischen FPÖ-Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner mit Unterstützung der ÖVP die Wohnbeihilfe – u.a. für AlleinerzieherInnen – gekürzt. Im Juni 2014 berichtete eine Zeitung über einen Fall einer alleinerziehenden Mutter, der die Wohnbeihilfe aufgrund der zweiten Haimbuchner'schen “Reform” um 80% von 210 Euro auf 38 Euro monatlich gekürzt wurde. Als Reaktion schob der blaue Landesrat die Schuld dafür wieder auf seinen Vorgänger, was der Dame freilich wenig half.

Auch der FPÖ-kritische Blog „RFJWatch“ thematisierte die Geschichte auf seiner „Twitter“-Seite, worauf sich dort der freiheitliche Nationalrat Gerhard Deimek mit den Worten „euje, Mutti kommt bei ihrer Gage und Alimenten nicht mit Geld f[ür] 200m2 aus? Vl [Vielleicht] Wohnverhältnisse überdenken“ zu Wort meldete.

Screenshot / (C) Twitter




Es stellte sich heraus, dass Doris W. in Wirklichkeit mit ihrer Tochter in einer 90m² Wohnung (statt der von Deimek behaupteten 200m²) lebt und sich die Alleinerzieherin einen Umzug in eine noch kleinere Wohnung aktuell kaum leisten konnte. Dazu kamen in absehbarer Zeit erhebliche zusätzliche finanzielle Probleme durch baldige Arbeitslosigkeit.

Angesichts dieser Fakten und aufgrund der Tatsache dass Herr Deimek selbst als Nationalratsabgeordneter ein Bruttogehalt von Euro 8.160,- pro Monat (Stand 2010) kassiert, erscheint Spott und Lüge als Reaktion in diesem Fall doppelt zynisch.


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Lüge #9: USA drohen der EU mit Sanktionen, falls EU Sanktionen gegen Russland nicht verschärft

In diesem Fall handelt es sich nicht wirklich um eine bewusste Lüge, sondern die Tatsache, dass FP-Chef Strache ab und zu auf einen Satire-Artikel hereinfällt und diesen entrüstet auf seiner Seite verbreitet. So auch im Fall eines Artikels des Satire Portals “der Postillon”.

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Dieses Beispiel zeigt ganz deutlich, dass man im freiheitlichen Lager nicht viel Wert darauf legt, Artikel zu hinterfragen oder Quellen zu überprüfen, wenn einem das Thema gelegen kommt. Die Medien berichteten humorvoll über den peinlichen Fehler, die FPÖ-Anhänger auf Straches Seite hingegen nahmen den Artikel - wie auch Strache - als Wahrheit an und schimpften wie gewöhnlich, was das Zeug hält.

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Lüge #10: Falschmeldung über Asylwerber und Wiener Wohnen

Diesmal wurde eine Statusmeldung geteilt, derzufolge eine Frau von Wiener Wohnen die Information erhalten haben soll, dass Neubauwohnungen bevorzugt an AsylantInnen vergeben würden:

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Wie so oft, entsprach auch dieser Vorwurf nicht im Geringsten der Wahrheit.


Die FPÖ verbreitete die Geschichte trotzdem mit großem Erfolg und die FPÖ-Anhängerschaft reagierte wie gewohnt mit äußerst aggressiven Kommentaren.

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Lüge #11: Kronenzeitung - Rekord an Flüchtlingszahlen

Im August 2014 berichtete die Kronenzeitung auf ihrer Titelseite von einem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen in Österreich. Im Artikel steht sogar etwas von “Rekordzahlen”. Das Argument der Krone sind die Flüchtlingszahlen vom Juli. 2.142 Menschen haben letzten Monat in Österreich Asyl beantragt. Laut Krone sind das besonders viele. Rechte und rechtsextreme Portale verbreiteten das “gefundene Fressen”.





Bei genauerer Betrachtung der tatsächlichen Zahlen lösen sich die “Rekorde” allerdings wie erwartet in Luft auf.



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Lüge #12: Falsche Zahlen der Neonazistischen AfP über AsylbewerberInnen

Wieder einmal ging es um angebliche Luxuszuwendungen für AsylwerberInnen. Auch dieses Mal stammt der Urheber aus der rechtsextremen Szene und wieder einmal werden diese durch einen FPÖ-Funktionär verbreitet, der brisanterweise bereits vor einiger Zeit rechtskräftig wegen Verhetzung verurteilt wurde.




Wie immer sind die Zahlen frei erfunden und wie immer findet es von den Verantwortlichen Verbreitern niemand der geringen Mühe wert, die Zahlen zu überprüfen. Auch FP-Chef Strache verteilte die digitalen Flyer (stammt eigentlich aus dem Jahr 2009) der neonazistischen “AfP” schon in der Vergangenheit.

Allerdings nahm die Geschichte diesmal einen ungewohnten Verlauf. Der FPÖ-Funktionär löschte nämlich nach einigem Hin und Her das Posting und brachte eine Richtigstellung, das finden wir sehr bemerkenswert.

Folgend eine echte Auflistung (mit Quellenangaben), was AsylwerberInnen in Österreich bekommen:




Nähere Infos:


Lüge #13: FPÖ Nationalrat Hafenecker und Kronenzeitung - “Ausländer kassieren bei der Förderung ab”

78 Millionen € Familienbeihilfe im Jahr sollten laut dem Artikel insbesondere slowakische StaatsbürgerInnen erhalten, die in Niederösterreich „das meiste Geld aus diesem Topf“ erhalten würden, ihre Zahl sei von 2012 auf 2013 „um 43 Prozent (!)“ gestiegen.


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FPÖ NaAbg. Christian Hafenecker nimmt selbstverständlich den undifferenzierten Artikel wohlwollend an und “pimpt” ihn nach seinem Geschmack noch ein wenig auf, indem er die kolportierten 78 Millionen Euro gleich mal auf 500 Millionen “aufrundet” und die Gelegenheit nicht versäumt, auch gleich über das Lieblingsfeindbild “die Türken” gleichermaßen herzuziehen.

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Zum Hetzartikel macht die Krone-Story schon die Tatsache, dass mit keinem Wort erwähnt wird, dass die slowakischen StaatsbürgerInnen und sonstigen Nicht-ÖsterreicherInnen, die in Österreich Familienbeihilfe beziehen, freilich auch hier berufstätig sind und Steuern bezahlen und somit auch den österreichischen Sozialstaat aufrecht erhalten (MigrantInnen zahlen mehr Geld in den Sozialtopf ein, als sie durch Sozialleistungen zurückerhalten - Quelle: “die Presse”) und deswegen auch zu Recht Familienbeihilfe erhalten.

Dass Christian Hafenecker zudem auch noch maßlos übertreibt, sagt schon einiges über die Glaubwürdigkeit darüber aus, wenn Freiheitliche mit Zahlen argumentieren. Hafenecker nahm aufgrund des Einschreitens von Heimat ohne Hass in einem zähneknirschendem Kommentar zwar die falschen Zahlen zurück, sein Posting wurde jedoch nicht gelöscht.

Nähere Infos:


Lüge #14: Kronenzeitung - Mindestrentnerin für Flüchtlinge gekündigt

Es war die “Krone”-Schlagzeile der Woche in Salzburg und wurde auf der Facebook-Seite von FPÖ-Chef Strache umgehend zum meistgeteilten Posting des Jahres: “Salzburger Mindestrentnerin muss aus Wohnung raus, weil Asylwerber kommen”.

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Tatsächlich war so gut wie jedes Wort an dem Artikel falsch.



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Lüge #15: INHR: “Elfjährige von Muslimen brutal vergewaltigt - Täter frei”

Für große Aufregung sorgte in der Facebookgruppe “FPÖ” und auch einen Monat später bei einem FPÖ-Funktionär aus Zell am See (der Funktionär legte sein politisches Amt nach dem Einschreiten von Heimat ohne Hass zurück) ein 2 Jahre alter Artikel, nachdem Muslime in Deutschland ein Kind vergewaltigt hätten und straffrei davongekommen seien, weil so etwas laut dem Artikel “zu ihrem Kulturkreis gehöre”.


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Die Geschichte stammt ursprünglich von umstrittenen Kopp-Verlag, und da nahezu jedes Wort frei erfunden ist, wurde für die Verbreitung dieses Artikels bereits im Jahr 2013 der Obmann der FPÖ Lichtenwörth wegen Verhetzung verurteilt.

Die Krönung der zweifelhaften Geschichte ist jedoch die Tatsache, dass die Seite “INHR”, die als Quelle für die Lügengeschichte gilt, ausgerechnet von einem Kärntner Kinderschänder betrieben wird, der 10 Jahre lang die Richter mit verschiedensten Ausflüchten und dubiosen Taktiken vorgeführt hatte, bevor er ein betont mildes Urteil für den Missbrauch seiner damals 11-jährigen Stieftochter ausfasste.



Nähere Infos:

Lüge #16: Ukraine: “Dreiste Propaganda enthüllt”

Im September 2014 sorgte ein Bild nicht nur bei pro-russisch eingestellten Parteien Österreichs für Aufsehen, dass angeblich aufdeckt, dass verschiedene Fernsehstationen ein und das selbe Bild für verschiedene Kriegsschauplätze verwenden um öffentliche Medien die Glaubwürdigkeit zu nehmen.




Tatsächlich handelt es sich bei der “Aufdeckung” jedoch nur um eine Fotomontage eines Originalfotos aus dem Internet, die jedoch wahrscheinlich durchaus kritisch gestimmten Medien mittels eines einfachen Tricks einen Spiegel vorhalten sollte.




Nähere Infos und die Fakten zum Bild:

Lüge #17: Angebliche Nikolo-Verbote, wie jedes Jahr

Im Jahr 2014 begann man mit dem selbst erfundenen Nikolo-Verbot, das bei der FPÖ seit vielen Jahren Tradition hat, bereits im September. FPÖ NaAbg. Christian Höbart gründete sogar eine eigene Facebook-Seite zu diesem Zweck. Auslöser war dieses Jahr ein angebliches Nikolo-Verbot in einem Kindergarten in Mödling.

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Jedoch kann von einer Verbannung des Nikolo-Brauchtums wie jedes Jahr auch heuer absolut nicht die Rede sein. Sorry, liebe FPÖ.




Auch die gegründete Facebook-Seite “Ich bin für den Nikolo” strotzt nur so vor Widersprüchen, Heimat ohne Hass berichtete:


Lüge #18: Schulklassen, in denen kein Kind Deutsch kann

Anfang Oktober reagierte SOS Mitmensch auf eine Presseaussendung von FP-Chef Strache, wonach es Schulklassen in Österreich geben solle „mit einem Ausländeranteil von 100 Prozent“ und davon, dass „in Klassen mit 25 Schülern nicht einer sitzt, der der deutschen Sprache mächtig ist“. Wenige Tage später legte Integrationsminister Sebastian Kurz im Sommergespräch mit dem „Standard“ nach und meinte, es gebe in Wien Klassen, „wo kein einziges Kind Deutsch kann“.


SOS Mitmensch startete einen Rundruf unter 42 Volksschulen sowie 26 Haupt- und Neuen Mittelschulen in den Wiener Bezirken Favoriten, Fünfhaus, Ottakring und Brigittenau und widerlegte die Behauptungen.



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Lüge #19: Tageszeitung “Österreich”: Aufstand der Luxusflüchtlinge

Für die größte Aufregung im Oktober 2014 sorgte ein von der FPÖ verbreiteter Artikel der Kärnter Ausgabe der Tageszeitung “Österreich”, in dem es um Flüchtlinge ging, die angeblich wegen “zu wenig Luxus” einen “Aufstand” in einem Villacher Asylquartier gemacht hätten und danach abgereist wären.





Die Wahrheit: Es wurden planmäßig ca. 30 Flüchtlinge von vorübergehenden Notquartieren in die umgebaute Zollamtsschule nach Wien gebracht, die Platz für insgesamt ca. 350 Flüchtlinge bietet. Das Quartier in Villach war nie als dauerhafte Unterkunft gedacht, keine Spur von Aufstand oder irgendwelchem Luxus, den die Flüchtlinge gefordert hätten.

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Lüge #20: FPÖ Haimbuchner: Schüler in Oberösterreich haben fehlende Deutsch-Kenntnisse

Der Obmann der FPÖ Oberösterreich, Manfred Haimbuchner, behauptet in einer Aussendung, dass 42% (!) der oberösterreichischen VolksschülerInnen außerordentliche SchülerInnen seien, also fast jede/r Zweite. Schuld daran seien fehlende Deutschkenntnisse, so Haimbuchner. 



SOS Mitmensch recherchierte und informierte Herrn Haimbuchner, dass nur 23% der oberösterreichischen VolksschülerInnen eine andere Muttersprache als Deutsch haben. Und auch von diesen Kindern spricht ein Großteil Deutsch! Tatsächlich wurden im vergangenen Schuljahr in Oberösterreich von insgesamt 59.000 VolksschülerInnen 5.230 als außerordentliche SchülerInnen geführt. Das sind knappe 9%, keine geringe Zahl, aber doch meilenweit weg von den Falschinformationen, die via Aussendung und über Soziale Netzwerke verbreitet wurden.


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Lüge #21: FPÖ Haimbucher: “Schwerkranke in Container, Asylanten in Schloss”

Wie man merkt, war der Obmann der FPÖ Oberösterreich, Manfred Haimbuchner, im Oktober 2014 besonders aktiv im Geschichten erfinden. Via Aussendung vermittelte er, dass schwerkranke Patienten in einem oberösterreichischem Pflegezentrum in Containern versorgt würden, nur damit Asylwerber sich im Luxus-Schloss einquartieren könnten.




Tatsächlich wurden sechs langzeitbeatmungspflichtige Personen wegen Umbauarbeiten übergangsweise in speziell dafür adaptierten Containern betreut. Dieses Provisorium endet voraussichtlich bereits im Sommer 2015 mit der Verlagerung an den Standort der Reha-Klinik Enns und hat absolut nichts mit AsylwerberInnen zu tun. Diese Information hat auch die FPÖ in einer schriftlichen Anfragebeantwortung Anfang Oktober erhalten. Sozial-Landesrätin Mag.a Gertraud Jahn führte die Fehlinterpretation auf “eine offensichtliche Leseschwäche von Haimbuchner bei der rund 2-seitigen Beantwortung” zurück.




Haimbuchner reagierte zwar nicht öffentlich auf die Aufklärung, jedoch war offenbar selbst ihm der Sachverhalt so peinlich, dass er zumindest den Artikel auf seiner Seite löschte.




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Lüge #22: 13-Jährige von Unbekanntem (aus FPÖ-Sicht vermutlich ausländischer Herkunft) angeschossen

Bei dem tragischen Fall des 13-jährigen burgenländischen Mädchens, das in der Halloween-Nacht angeschossen wurde, handelt es sich nicht direkt um eine Lüge, sondern die Tatsache, dass man unter FPÖ-AnhängerInnen Verbrechen automatisch AusländerInnen in die Schuhe schiebt. Wenn jedoch ein FPÖ-Politiker dahintersteckt, wie sich auch in diesem Fall herausstellte, wird aus dem Zeitungsartikel plötzlich “Hetze gegen die FPÖ”.

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Lüge #23: Fotos von Asylheim mit Beschädigungen

Wir sind mittlerweile im Dezember 2014 angelangt, üblicherweise einer der stärksten Hetzmonate, aufgrund von jährlichen angeblichen Nikolo-/Weihnachts-/Christkindverboten usw.

Aber selbstverständlich ist es unter Freiheitlichen auch im Dezember beliebt, Hetzstories zu verbreiten, die nichts mit Weihnachten zu tun haben. So wurden auf vielen verschiedenen FPÖ-Seiten und Gruppen Fotos eines angeblichen Asylheimes veröffentlicht, welche belegen sollen, wie denn die Asylwerber, die dort gehaust hätten, gewütet haben und mutwillig das halbe Mobiliar in Schutt und Asche gelegt hätten. Anbei ein Ausschnitt aus der Facebookgruppe “FPÖ”, wo im Begleittext von Villach in Kärnten die Rede war.


Screenshot / (C) Facebook Inc

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Das Interessante an diesen Bildern ist nämlich, dass fast gleichzeitig verschiedene Versionen davon in rechten und rechtsextremen Kreisen unterwegs waren, wo jeweils eine andere Region als Herkunft behauptet wurde, von Kärnten bis Niederösterreich (daran stört sich freilich kein freiheitlicher Kommentator).

Eine der ersten Versionen mit Niederösterreich findet man auch auf der Homepage „Freies Österreich“, welche vom DÖW als neonazistisch eingestuft wird. Die Seite wird vorsichtshalber, eigenen Angaben zufolge, von St. Petersburg aus betrieben. Der oder die Betreiber dieser Webseite aus dem engeren Umfeld des 2011 verstorbenen Altnazis Herbert Schweiger sehen sich der "Verkündung der europäischen Idee des völkischen Aufbruches für Österreich" verpflichtet.

Tatsächlich stammen die Fotos weder aus Kärnten, noch aus Niederösterreich, nicht einmal aus Österreich, sondern wurden bereits im September 2014 auf rechtsextremen Portalen in Deutschland veröffentlicht, wie “Stoppt die Rechten” heraus fand. Auch in Deutschland ist der wahre Hintergrund hinter den Fotos nicht eindeutig herauszufinden, es dürfte sich also offensichtlich einfach um einen weiteren Hoax handeln.


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Lüge #24: Weihnachten wird verboten und Weihnachtsmärkte müssen “Wintermärkte” heißen

Ja, nun sind wir beim beliebten Hetz-Thema um diese Jahreszeit angelangt. Diesmal geht es wie schon in vergangenen Jahren darum, dass “Berlin Weihnachten verbietet”, was in unklarer Weise mit muslimischen Staatsbürgern zu tun haben soll.



Da diese Geschichte ohnehin schon einen ewig langen Bart hat, gehen wir gar nicht all zu ausführlich auf die Widerlegung ein, es befinden sich aber alle Infos unter den folgenden Web-Links. Berlin Kreuzberg hat schon mehrmals per Aussendung kundgetan, dass an der Geschichte absolut nichts dran ist, was in irgendeiner Form mit Begünstigungen für muslimische Staatsbürger zu tun hat und dass Weihnachten nicht verboten wird.


Auch die Behauptung, dass Weihnachtsmärkte umbenannt werden müssen, ist falsch. Es gibt in Berlin Kreuzberg seit 2014 lediglich eine neue Veranstaltung, die sich eben, um sich abzuheben, Wintermarkt statt Weihnachtsmarkt, oder wie in Österreich manchmal üblich “Christkindlmarkt”, nennt. Auch zu dieser Veranstaltung finden Sie den Link zur Homepage folgend.

Nähere Infos:



Lüge #25: Einbrecher klagt bestohlenes Opfer und gewinnt

Wie so oft, ist es auch diesmal die auflagenstarke Kronenzeitung, die mit einem reißerischem Artikel folgende Sachen suggeriert:

  • Es gab mehrere Einbrüche in das Haus
  • Ein überführter Einbrecher verklagt den Hausbesitzer beim EuGH
  • Der EuGH hat das bestohlene Opfer zu Schadenersatz verurteilt
  • Da es eine EuGH-Entscheidung ist, kann das jederzeit in Österreich auch passieren



    Der tatsächliche Sachverhalt hört sich schon weniger spektakulär an und hat mit der Geschichte aus dem Artikel so gut wie gar nichts mehr zu tun:



    Nähere Infos:

    Lüge #26: Tobende Türkin bei Krippenspiel

    Die Kronenzeitung berichtet von einer “tobenden Türkin”, die in einer Schule in die „Vorbereitungen für ein Krippenspiel geplatzt“ sei. Sie habe „plötzlich wie am Spieß zu schreien angefangen“. Kurz darauf hätten „auch ihre Tochter und ihr Mann...in das Geheul eingestimmt“. Die „verschleierte Frau“ habe sich nicht beruhigen lassen. Erst ein „hünenhafter“ Polizist und zwei weitere „mit gezücktem Pfefferspray“ hätten „das Trio zur Räson bringen können“, so die Krone. 


    SOS Mitmensch fragte bei der zuständigen Schuldirektorin nach und gab die Tatsachen bekannt:

    - Die besagte, “tobende” Frau war offenbar traumatisiert, weil sie erst vor Kurzem Ihren Sohn (der Vater eines der Kinder beim Krippenspiel) verlor, der bei einem Arbeitsunfall von einem Kran gestürzt war.

    - Als sie gemeinsam mit ihrer Schwiegertochter die erste Klasse betreten wollte, um ihre Enkelin beim Krippenspiel zu sehen, ist die Lehrerin der Klasse kollabiert. Das dürfte in der Oma von L. einen derartigen Schock ausgelöst haben, dass sie einen kompletten Nervenzusammenbruch erlitt.

    - Weder war die Frau also „eine verschleierte Türkin“, sondern die Großmutter von L., noch ist sie in die Vorbereitungen geplatzt, sondern wie alle anderen Eltern und Großeltern in die Schule gekommen.

    - Auch hat ihre Tochter nicht in irgendein „Geheul“ eingestimmt, denn diese war gar nicht vor Ort.

    - “Die unrichtigen Angaben, die im Artikel über die Polizei gemacht worden sind, möchte ich nicht kommentieren”, sagte die Direktorin




    Nähere Infos:

    Lüge #27: “Saustall Asylantenheim”

    Kurz vor Jahresende fällt noch einmal die Facebook-Gruppe “FPÖ” mit den üblichen, hassgeladenen Kommentaren zu einem geteilten Artikel der Seite “MZW-Widerstand” aus Deutschland auf, in dem von AsylwerberInnen die Rede ist, die angeblich in Treppenhäuser, in Duschen und neben WCs koten und urinieren würden. Gleich vorweg - die Geschichte beginnt mit den Worten “ein guter Freund von mir . . .”. Der seltsame Hinweis, dass es leider nicht möglich sei, „Fotos zu machen und diese raus zu schmuggeln da absolutes Handy und Foto Verbot herrscht“, kommt ein wenig später. Es ist also schon zu erwarten, wie es um die Glaubwürdigkeit bestellt ist (wenn man nicht der politisch rechten Seite hoffnungslos verfallen ist).

    Screenshot / (C) Facebook Inc.

    Zu allererst fällt das Foto zum Artikel auf, das wie so oft auf rechten Seiten schon dadurch enttarnt wird, da es für alle möglichen Artikel gegen AusländerInnen und Flüchtlinge als “Beweisfoto” verwendet wird, die im Prinzip keinen Zusammenhang haben. Anbei ein Screenshot der in rechtsextremen Kreisen äußerst beliebten Seite “PI News”:



    Recherchiert man weiter, gelangt man auf die Urspungsseite der “Fäkalstory”. Eine mehr als dubiose Seite mit dem Namen “DWD Press”, welche nach eigenen Angaben von England aus betrieben wird - eine oft gesehene Taktik von Rechtsextremen, die in Deutschland oder Österreich in Konflikt mit dem Gesetz oder dem Verfassungsschutz stehen.




    Tatsächlich verbirgt sich hinter der Geschichte lediglich eine weitere Version der Lüge #23, dem angeblich demolierten Asylwerberheim in Deutschland/Niederösterreich/Kärnten (je nach Begleittext), wie “Stoppt die Rechten” herausfand.

    Nähere Infos:

    Lüge #28: Geldstrafe für jodelnden Steirer

    Eigentlich war dieser Artikel schon fertig geschrieben, da bekamen wir noch von einem Leser einen Screenshot der Facebookseite “PRO FPÖ” zugespielt. Die Betreiber der Seite legten noch mit einer uralt-Lügengeschichte nach.

    Es geht wie so oft um einen Artikel der Kronenzeitung aus dem Jahr 2010 (!), wonach angeblich ein Steirer 800 EUR Geldstrafe bezahlen musste, nur weil er beim Rasenmähen jodelte und sich seine muslimischen Nachbarn dadurch gestört fühlten.

    Screenshot / (C) Facebook Inc

    Es ist fast schon selbstredend, dass an der hetzerischen Geschichte nichts dran ist, sondern sich die Wahrheit eher umgekehrt gestaltet (wie unter dem folgenden Link nachzulesen) und die Kronenzeitung nahm bereits im Jahr 2010 kurz nach der Veröffentlichung wieder alle Artikel diesbezüglich offline. Man sieht an diesem Beispiel aber ganz gut, dass Richtigstellungen bei den Rechten auch nach vielen Jahren kaum etwas bewirken, wenn sich die Lügengeschichte für das “Zielpublikum” gut eignet.



    Wir sind gespannt, welche Lügenmärchen uns im Jahr 2015 aus rechten und rechtsextremen Kreisen aufgetischt werden. Wir werden jedenfalls wie immer der Wahrheit auf der Spur bleiben ;-)