Nein, die Rede ist nicht von Star Wars Nerds, Blues Brothers Fans oder etwa den Sternsingern. Die Rede ist von Burschenschaftern. Deutschnationalen, schlagenden Burschenschaftern. Ihre Kleidung ist, um es nett zu umschreiben, karnevalstauglich. Oder auch geeignet für einen Mantel- und Degenfilm. Weil ihre Waffe haben’s auch immer dabei, den Säbel, den Degen oder den Schläger. Wie immer man diesen überdimensionierten Brieföffner auch nennen mag. Und komische Kapperln haben sie auch auf. Kann man übrigens in der Do-it-yourself-Methode leicht aus einer Camembertschachtel schnitzen. Gummiband durch den Deckel und schon schaut man aus wie ein Burschi.
Ihre Bräuche und Traditionen sind ebenso eigenwillig, muten seltsam an. Sie zerschneiden sich gegenseitig das Gesicht, nennen das „Mensur“, den Schnitt „Schmiss“ und betrachten das als Mutprobe. Wie die kleinen Buben beim Cowboy- und Indianerspielen, wenn die Indianer den an den Marterpfahl gefesselten Männern die Schuhsohlen ankokeln. Wer zuerst zuckt, hat verloren. Und sie betrinken sich, nennen das „Kommers“ oder „Kneipe“. Das hat aber jetzt wiederum nichts mit dem „kneippen“ zu tun, das ja sehr gesundheitsfördernd ist. Das „studentische Kneipen“ ist höchst ungesund, endet oftmals in sinnlosen Besäufnissen und Erbrechensorgien.
Das alles wäre jetzt zwar skurril und eigenwillig, aber im Grunde ist es ja ganz ihre Sache. Machen’s ja alles nicht in der Öffentlichkeit. Sie huldigen Wein, Weib und Gesang auf ihrer Bude – doch HALT falsch – Gesang, ja, Wein eventuell, aber doch eher Bier - aber Weib auf keinen Fall. Burschis bleiben unter sich. Echte Männer, richtige Männer. Die ja eventuell ein wenig beschämt wären, wenn das eine oder andere Tränchen fließt, wenn der Schmiss so richtig tief geschnitten wurde und ganz viel weh tut. Das darf natürlich keine Frau sehen. Deswegen: keine Frauen! Heißt ja auch Burschenschaft. Farbentragende Mädels gibt’s übrigens auch, aber um die geht’s heute nicht.
Wie gesagt, was sie auf ihrer Bude tun, das soll ihnen überlassen sein. Geht ja auch keinen was an, wie ich mich zu Hause kleide und ob ich mich beim Rasieren geschnitten hab. Privatsache, punktum.
Was die Herren dann aber dann doch, ich sag mal „interessant“ macht, ist das, was sie öffentlich so von sich geben. Wie sie politisch agieren, wie sie sich in der Gesellschaft präsentieren und welche Ämter sie bekleiden. Und das ist, gemessen am Anteil an der Gesamtbevölkerung (0,05% [1]), schon eine ganze Menge an hohen und höchsten Ämtern in Stadt, Land und Bund. Angesichts des nahenden Burschenbundballes in Linz möchte ich mich vor allem auf die Berühmtberüchtigten in Oberösterreich und Linz beschränken.
Da wäre einmal der Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner (Corps Alemannia Linz). In letzter Zeit vor allem durch seine Kürzungen bei der Wohnbeihilfe im Gespräch, die besonders Alleinerziehende massiv betroffen haben. Aber seine antifeministischen Positionen ziehen sich wie der vielzitierte Strudelteig durch sein gesamtes politisches Leben [2].Das interessanteste Faktum zur Alemannia ist, dass sie in ihrer Mitgliederliste immer noch ein gewissen Horst Wessel führt [3].
Einer der spannendsten Charaktere der FPÖ OÖ ist (leider oder Gott sei Dank) schon im Ruhestand. Lutz Weinzinger. Der Mann, der es sogar schaffte, in seiner Abschiedsrede im Parlament Ordnungsrufe in Serie einzusacken. Spannend auch sein Beitrag im Wahlkampf 2008: https://www.youtube.com/watch?v=sTUXndM1wB8 . Aber auch sonst haben die Korporierten die FP OÖ fest im Griff, besonders stark in Linz.
Was uns nun direkt zu der erschreckenden Tatsache führt, dass sich eine extrem rechts angesiedelte Burschenschaft praktisch eine eigene Gemeinderatsfraktion hält. Aus den Reihen der Arminia Czernowitz kommen der Linzer Stadtrat Detlef Wimmer, sein Fraktionsobmann Markus Hein (vor der Verehelichung „Noveska“, ein wahrhaft teutscher Name) und sein (ehemaliger???) Schuhputzer Michael Raml, der in einem OÖN-Interview meinte, dass nicht alles am Nationalsozialismus schlecht war. Übrigens nicht nur dort, auch bei einer Podiumsdiskussion der SpitzenkandidatInnen zur ÖH-Wahl im Saal der Katholischen Hochschulgemeinschaft in Linz. Eine detailliertere Aufstellung findet man unter https://bawekoll.wordpress.com/2013/04/10/die-fpo-czernowitz/. Werner Neubauer und Elmar Podgorschek runden die Liste noch ganz fein ab. Aber nun genug Personalia.
Grundsätzlich wäre es ja löblich, wenn sich Menschen in den Dienst der Allgemeinheit stellen. Tun eh viel zu wenige. Wenn da nicht die Inhalte wären - Inhalte, die Zeiten verherrlichen, die wir längst überwunden glaubten. Es wird das Deutschtum beschworen, überholten Nationalismen gehuldigt - und das in einem vereinten Europa. Die Gleichberechtigung der Geschlechter wird als „Genderwahn“ verunglimpft, jegliche feministische Position als „Kampfemanzentum“ verhöhnt. Die Gewalt der radikalen Islamisten in Nahost und Afrika wird instrumentalisiert, um eine generelle Fremdenfeindlichkeit anzufachen. Und die Burschenschafter sind die vermeintlich „intellektuelle“ Speerspitze dieser Positionen.
Die Vernetzung der extremen Rechten in ganz Europa ist bereits sehr weit fortgeschritten und wird mit Vehemenz weiter betrieben. Unter anderem auf dem Burschenbundball in Linz, im Palais Kaufmännischer Verein. Just auf diesem Ball wird den Proponenten der extremen Rechten die Legitimation erteilt, und zwar durch durchaus honorige Persönlichkeiten. Der Landeshauptmann von Oberösterreich, Josef Pühringer, ist gern gesehener Gast. Ebenso Mitglieder des Rektorats der Johannes Kepler Universität. Dem wollen wir entschlossen entgegentreten, wollen unseren Protest lautstark kundtun. Die Initiative „Heimat ohne Hass“ ist Teil des Bündnisses „Linz gegen Rechts (http://linz-gegen-rechts.at/ ) und unterstützt die Proteste gegen diesen Ball.
[1] Hans Henning Scharsach – Strache im braunen Sumpf S 55
[2] Ebd. S 60
[3] Ebd. S 183
@Update 07.01.2015 09:10: Manfred Haimbuchner ist Mitglied der Corps Alemannia Wien zu Linz. Die entsprechende Textpassage wurde geändert.