Sonntag, 4. Mai 2014

Warum europäische Rechte und Herr Putin so gut mit einander können

Gastkommentar von Susanne Scholl

Die einfache Antwort lautet wohl – wer grundsätzlich undemokratisch denkt versteht sich gut mit anderen gleichermaßen undemokratisch Denkenden. Aber einige Kuriosa gibt es da schon. Herr Putin sagte einst, der Zusammenbruch der Sowjetunion sei die größte geopolitische Katastrophe des zwanzigsten Jahrhunderts gewesen. Dem kann wohl weder Frau LePen, noch ein Herr Gudenus – und irgendwelche Menschen von Jobik bis Lega Nord zustimmen. Schließlich war doch die Sowjetunion immer „das Reich des Bösen“. Und doch. 

Neuerdings findet die Einteilung in Gut und Böse offenbar auf andere Art statt. Früher, als noch so tolle Männer wie der Schauspieler Ronald Reagan oder der kleine Herr Bush junior die USA lenkten konnte man ja zur Not „die Amerikaner“ als kleineres Übel betrachten, wenn man ein aufrechter europäischer „rechter Recke“ war. Aber dann wählten diese Amies doch tatsächlich einen Afro-Amerikaner zum Präsidenten. Das ging dann endgültig zu weit. Und in Moskau trat da gleichzeitig dieser kleine stämmige Herr Putin auf – und redete so vertraut. Von Nationalstolz und sich von den Knien erheben und dem dekadenten Westen zeigen, wer hier in Europa das Sagen zu haben hat. Das gefällt den „rechten Recken“ Europas ungemein und bestärkt sie noch dazu in ihrer Meinung, dass eigentlich nur autoritäre Regime wirklich gut sind. Herr Putin wiederum ist zwar mit allen Wassern sowjetischer Spielarten gewaschen, aber auch völlig ideologiefrei und hat daher auch keinerlei Berührungsängste was die extreme europäische Rechte betrifft. Ganz im Gegenteil. 

Und so gibt es neuerdings diese unheilige Allianz, die auch deshalb ungebremst agieren kann, weil so viele in Europa einfach nicht verstehen wollen, was da gerade geschieht.

Susanne Scholl wurde 1949 in Wien geboren und promovierte 1972 in Rom zum Doktor der Slawistik. Der langjährigen ORF-Korrespondentin wurde im November 2002 das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst verliehen